Dienst am Kunden
Unterwegs mit Pannenhelfer Vasco Werner von der „Silbernen Flotte“ und mit Robert Schmidt-Thomé, der in Passaus Altstadt Barockbauten vor dem nächsten Hochwasser schützt.
Schutzbrief für Autofahrer
„Und jetzt schieben!“
Mühsames Röcheln. Und noch mal, bis das Röcheln erstirbt. Leichte Diagnose für Vasco Werner: Der Motor des betagten Opel Astra springt nicht mehr an, weil der Anlasser kaputt ist. Werner klemmt sich hinters Steuer und macht den Besitzern Beine: „Und jetzt schieben!“ Das Auto bockt kurz auf, dann brüllt der Motor los. „Jetzt direkt in die Werkstatt fahren – und bloß nicht den Motor zwischendrin ausstellen“, gibt Werner den Eheleuten noch mit auf den Weg.
Routine für Werner. Seit zwei Jahren rollt der 33-Jährige mit seinem Wagen des Abschleppdiensts Rudolph auf Berliner Straßen. Er gehört zu den bundesweit 3100 Unfall- und Pannenhelfern, die im Dienst von Assistance Partner unterwegs sind – einem Joint Venture von mehreren Notrufdienstleistern der Assekuranz. Das Markenzeichen der 1750 Fahrzeuge ist ihre silberne Außenhaut mit dem neonorangefarbenen „A“. In der „silbernen Flotte“ der Assistance Partner sind 490 Abschleppunternehmen unterwegs, und sie sind keineswegs die einzigen.
Andere Versicherer setzen auf ein eigenes Netz an Dienstleistern und beauftragen die Abschleppunternehmen direkt. So oder so: Wenn ein Autofahrer anruft, kommt umgehend Hilfe – meist innerhalb einer Stunde.
Pannenhilfe ist zumindest ein Teil des Schutzbriefs, den bundesweit 26,7 Millionen Autofahrer als Zusatzbaustein zu ihrer Kfz-Versicherung abgeschlossen haben. Für die Helfer heißt das: Dauerbereitschaft. Werner muss jetzt nach Kreuzberg, wieder will ein Wagen nicht anspringen, ein Mini in einer Tiefgarage. Nach 20 Minuten ist Werner vor Ort und schließt einen Startbooster an, prompt regt sich der Motor. Die Ursache für den Blackout ist schnell gefunden: Das Standlicht war an.
Nicht immer kann Werner helfen. Am Vortag war er zu einem Unfall gerufen worden. Ein alter Honda war so schwer beschädigt, dass keine Werkstatt etwas hätte retten können. Werner versuchte, die Besitzer aufzuheitern: „Ich habe eine gute und eine schlechte Nachricht“, setzte er an. „Die gute: Es regnet nicht. Die schlechte: Ihr Auto ist Schrott.“ Die letzte Fahrt des Hondas führte auf dem Plateau von Werners Abschleppwagen zum Verwerter.
Vor allem in der Urlaubszeit reiht sich Einsatz an Einsatz. „Und jeder ist anders“,
sagt Werner. Im Jahr 2014 haben die Assisteure für die deutschen Kfz-Versicherer fast 700.000-mal Fahrzeuge abgeschleppt oder Pannenhilfe geleistet. 77.000-mal organisierten sie einen Mietwagen, rund 30.000-mal Fahrzeuge und Personen über Distanzen zurücktransportiert.
An diesem Tag bleibt der große Stress aus. Bis seine Schicht um 15.30 Uhr endet, fährt Vasco Werner vier Einsätze – weniger als sonst. Kein Tag, an den sich Werner lange erinnern wird – anders als die Menschen, denen er geholfen hat.
Prävention schützt am besten vor Schäden
Der Putz ist ab
Robert Schmidt-Thomé starrt die Wand an. Der Putz ist ab, der frühere Glanz der barocken Kapelle lässt sich im Moment nur erahnen. Noch immer wird das Gotteshaus, der prunkvollste Teil eines Passauer Kinderheims, saniert. Schmidt-Thomé ist auf Details fixiert: Wird hier möglichst wasserfester Putz verarbeitet? Sind das mineralische Farben, die bei Feuchtigkeit nicht abblättern?
Schmidt-Thomés Mission ist Prävention. Er hilft dem Besitzer des Kinderheims, einer gemeinnützigen Stiftung, die Kapelle bei zukünftigen Hochwassern besser zu schützen. „Der primäre Aspekt ist: Wie kann ich den Schaden möglichst gering halten?“, erzählt Schmidt-Thomé, der bei der Versicherungskammer Bayern als Risikomanager arbeitet. Denn Versicherung und Prävention gehen immer Hand in Hand. Ohne Bemühungen, Schäden zu verhindern, wäre Versicherung heute nicht möglich.
Vor zwei Jahren stand das Wasser in der denkmalgeschützten Kapelle meterhoch. Sie wurde 1751 an einem der hochwassergefährdetsten Orte Deutschlands errichtet, in der Altstadt von Passau. Das Hochwasser 2013 brachte der bayerischen Stadt Pegelstände von bis zu 12,89 Meter. Und die nächste Flut kommt bestimmt.
Also berät Schmidt-Thomé die Stiftung, wie sie zu einem Hochwasserschutzkonzept für das Kinderheim kommt. Wen kann man ansprechen, was sind die ersten Schritte? Wie können Schäden minimiert werden, wenn das Hochwasser nicht zwölf, sondern vielleicht nur drei Meter hoch am Kinderheim steht? Als gelernter Geologe kann Schmidt-Thomé gut einschätzen, wie der Druck bei höheren Pegelständen das Grundwasser in das Gebäude drückt, selbst wenn die Flut von außen gar nicht mehr hereinkommt. „Dann bleibt der Schmutz draußen, und die Schäden durch das Grundwasser sind geringer.“
Viele Versicherer bieten eine individuelle Präventionsberatung zu Naturgefahren an, stellen außerdem Informationen zur Verfügung, wie Hochwasserschäden etwa schon beim Hausbau vermieden werden können. Eine denkmalgeschützte Kapelle im Hochrisikogebiet ist allerdings eine besondere Herausforderung. Die Arbeit hat gerade erst begonnen. Doch allen ist klar: Wenn die Kapelle weiterhin im barocken Glanz erstrahlen soll, führt an Schadenprävention kein Weg vorbei.