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Dossier Klimafolgenanpassung

Dossier: Klimafolgenanpassung

Die Folgen des Klimawandels sind längst auch in Deutschland spürbar. Umso wichtiger ist es, Klimaschutz und Klimafolgenanpassung höchste Priorität einzuräumen – sowie dem Versicherungsschutz.

14.03.2024
Wissenschaftliche Perspektive

Wir befinden uns auf einem +3 °C-Pfad Link kopieren

Der aktuelle IPCC -Sachstandsbericht (PDF) erwartet für das Jahr 2100 eine Erderwärmung zwischen 1,5 und 5 Grad Celsius. Die Folgen des Klimawandels sind längst auch in Europa und in Deutschland spürbar. Starkregen, Überschwemmungen, Sturm, Hagel, Hitze und Dürre treten immer häufiger auf und hinterlassen verheerende Spuren. Extreme Wetterereignisse kosteten die deutsche Volkswirtschaft zwischen 2018 und 2021 über 80 Milliarden Euro.

Schlimmere Auswirkungen ließen sich verhindern, wenn mittels Klimaschutz die Erderwärmung deutlich unter dem 2-Grad-Ziel des Pariser Klimagipfels gehalten wird. Ob dies tatsächlich erreicht werden kann, ist fraglich. Derzeit befinden wir uns auf einem +3 °C-Pfad. Umso wichtiger ist es, dem Klimaschutz und der Klimafolgenanpassung, Prävention und Aufklärung höchste Priorität einzuräumen – und nicht zuletzt auch dem Versicherungsschutz. Ohne Klimaschutz und Klimaanpassung entsteht eine Spirale aus steigenden Schäden an Immobilien und Hausrat und steigenden Versicherungsprämien. Neben dem Schutz von Sachwerten muss Klimafolgenanpassung vor allem dem Schutz der Menschen und ihres Lebensraums dienen.

Aktuelles Geschehen

Bund und Länder richten Arbeitsgruppe zu Elementarrisiken ein - GDV wirbt für Prävention und Klimafolgenanpassung Link kopieren

Bund und Länder haben beschlossen in einer gemeinsamen Arbeitsgruppe zu beraten, wie die Verbreitung der Elementarschadenversicherung erhöht werden kann inklusive einer Pflichtversicherung. Neu ist, das geprüft werden soll, welche Präventionsmaßnahmen notwendig sind, um die Eintrittswahrscheinlichkeit von Schäden bei Naturereignissen zu reduzieren. Zudem soll geprüft werden, wie finanzielle Risiken für die öffentliche Haushalte durch Großschadenereignisse beherrschbar werden.  Es ist gut, dass die Länder das wichtige Thema der Naturgefahren-Absicherung weiter vorantreiben. Wir fordern Bund und Länder auf, zügig verbindliche private und staatliche Präventionsmaßnahmen zu erlassen und umzusetzen. Jedes versicherte Haus mehr zählt. Kundinnen und Kunden sollten aber frei entscheiden dürfen, ob und wie sie versichert sind. Für ein solches so genanntes Opt-Out plädieren wir Versicherer als Teil unseres Gesamtpakets aus Präventionsmaßnahmen z.B. im Baurecht, Klimafolgenanpassung und Versicherungsschutz. 

„Es ist gut, dass Bund und Länder bei der Absicherung von Klimaschäden noch einmal alle Optionen sachlich prüfen wollen. Neben Versicherungsschutz braucht es aber unbedingt mehr Prävention und Klimafolgenanpassung, zum Beispiel im Baurecht. Nur so wird Versicherungsschutz für die Menschen bezahlbar bleiben.“
Jörg Asmussen, Hauptgeschäftsführer, Geschäftsführendes Mitglied des Präsidiums

Die Flutkatastrophe im Jahr 2021 hat erneut die Debatte um eine Pflichtversicherung für Elementarschäden entfacht. Der GDV setzt sich für ein Gesamtkonzept ein, das neben einer Versicherungslösung auch Vorsorge- und Schutzmaßnahmen vorsieht.

Das Jahr 2021 war mit 12,6 Mrd. Euro in Deutschland das heftigste Naturgefahrenjahr für Versicherer. Die Flut an Ahr und Erft vom Sommer 2021 hat tiefe Spuren bei den Betroffenen hinterlassen – menschlich und materiell. Mit 8,5 Milliarden Euro Schaden und 213.000 Schäden war es für die Versicherer die größte Naturkatastrophe in Deutschland. Dabei waren über die Hälfte der Schäden nicht versichert. 

Daneben wurde zu wenig in Prävention wie etwa den Hochwasserschutz investiert. Dabei lassen sich durch Prävention Schäden vermeiden oder zumindest in ihrem Ausmaß  begrenzen. Prävention spielt aber bisher eine zu geringe Rolle - auf kommunaler, lokaler und auch privater Ebene. Auch beim Wiederaufbau in den zerstörten Flutgebieten findet Prävention nur in geringem Umfang statt. Fehler in der Flächennutzung werden wiederholt: Im Ahrtal werden bis auf 34 Häuser alle Gebäude am ursprünglichen Standort neu errichtet. Hier wurden nicht die nötigen Schlüsse aus der Katastrophe gezogen. 

„Der Klimawandel dürfte auch in Deutschland zu einer Zunahme extremer Wettereignisse führen. Darauf müssen wir Versicherer reagieren – aus unternehmerischer Verantwortung, aber auch als Impulsgeber für mehr Prävention.“
Jörg Asmussen, Hauptgeschäftsführer, Geschäftsführendes Mitglied des Präsidiums

Bereits in der Vergangenheit haben wir in Deutschland einschneidende Naturkatastrophen erlebt: großflächige Fluten 2002 und 2013, lokale Hochwasser wie 2014 in Münster oder 2016 in Simbach und Braunsbach. Deutliche Konsequenzen in Flächennutzung und Bauplanung gab es trotz milliardenschwerer Schäden nicht. Es wird vielerorts geplant und gebaut, als ob es den Klimawandel und seine Folgen nicht gäbe. Dabei sieht der IPCC für Europa neben extremer Hitze und Wasserknappheit vor allem Überflutungen.

Um weitere Katastrophen zu vermeiden, Schäden zu mindern und langfristig bezahlbaren Versicherungsschutz aufrecht zu erhalten, braucht Deutschland Klimafolgenanpassung und Schadenprävention auf allen Ebenen.

Politische Perspektive

Anpassungsstrategie der Bundesregierung Link kopieren

Die Bundesregierung hat in ihrem Koalitionsvertrag verschiedene Klimaschutz-Vorhaben vereinbart: vom Ausbau Erneuerbarer Energien über die CO2-Bepreisung, einen Klimacheck in Gesetzesvorhaben bis hin zur Vereinfachung von Planungs- und Genehmigungsverfahren und der Aktivierung privaten Kapitals für die angekündigten Transformationsprojekte. Derzeit bereitet die Bundesregierung ein Klimaschutz-Sofortprogramm und eine vorsorgende Klimaanpassungsstrategie vor. Ein Klimaanpassungsgesetz soll einen Rahmen schaffen, um gemeinsam mit den Ländern die nationale Klimaanpassungsstrategie mit messbaren Zielen umzusetzen. Die Klimawirkungs- und Risikoanalyse des Bundes zeigt, wo die größten Klimarisiken in Deutschland bestehen und wie die Gesellschaft sich anpassen muss. Die Bundesregierung setzt deshalb Schwerpunkte auf die Anpassung an den Klimawandel und die Vermeidung von Treibhausgasen. Dazu sollen u. a. Teile der Industrie auf Wasserstoff umgestellt und die Mobilität der Zukunft technologieoffen gestaltet werden.

Vor dem Hintergrund der Flutkatastrophe 2021 hatten die Bundesländer die Einführung einer Pflichtversicherung gegen Elementarschäden erwogen. Bislang konnte bei den Beratungen jedoch keine Einigung erzielt werden. In einer gemeinsamen Arbeitsgruppe von Bund und Ländern soll weiter über Elementarrisiken beraten werden.

Branchen-Perspektive

Versicherer setzen sich für ein Gesamtkozept ein Link kopieren

In einer gemeinsamen Arbeitsgruppe von Bund und Ländern soll weiter über Elementarrisiken beraten werden. Bislang konnte keine Einigung zwischen Bund und Ländern über die Einführung einer Pflichtversicherung erzielt werden. Die Versicherer stehen der Einführung einer singulären Pflichtversicherung für Naturgefahren kritisch gegenüber. Prävention und Klimafolgenanpassung müssen bei einer Versicherungslösung mitgedacht werden.  

„Für uns Versicherer stehen weiterhin Prävention und Klimafolgenanpassung im Mittelpunkt. Sie sind Dreh- und Angelpunkt, damit Schäden durch Naturkatastrophen und damit Versicherungsprämien finanziell nicht aus dem Ruder laufen.“
Jörg Asmussen, Hauptgeschäftsführer, Geschäftsführendes Mitglied des Präsidiums

Klimaanpassung kommt vielerorts zu kurz. Noch immer wird in Überschwemmungsgebieten gebaut, Flächen werden ungehindert versiegelt und auf kommunaler Ebene stauen sich Investitionen in Präventionsmaßnahmen. Klimafolgenanpassung ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Bund, Länder und Kommunen sind nicht nur bei Deichen, Dämmen und Poldergebieten gefragt, sondern müssen die Klimafolgenanpassung als Schutzziel in Gesetzen und Normen verankern.

Die Versicherer plädieren für ihr vorgelegtes Gesamtkonzept (PDF) aus verbindlichen Maßnahmen zur privaten und staatlichen Klimafolgenanpassung, Prävention und Versicherung. Sie fordern unter anderen Bauverbote in extrem hochwassergefährdeten Gebieten und besseren Schutz bestehender Gebäude. Flankiert werden muss dies durch individuelle Vorsorge der Immobilienbesitzer und Versicherungsschutz.

Alle privaten Wohngebäude sollen mit dem nötigen Elementarschutz ausgestattet werden: Neue Versicherungsverträge standardmäßig ab sofort; bestehende Verträge würden schnell und rechtssicher zu einem Stichtag umgestellt, sobald die nötigen gesetzlichen Rahmen geschaffen sind. Die Kunden und Kundinnen können entscheiden, ob sie diesen Elementarschutz möchten oder ihn abwählen.

Verbraucher-Perspektive

Klimafolgenanpassung durch Prävention, Information und Versicherungsschutz Link kopieren

Ob Sturm, Hagel, Starkregen, Überschwemmungen, Hitze und Dürre, von den Folgen den Klimawandels sind die Menschen direkt betroffen. Werden in Folge einer Naturkatastrophe Häuser, Autos, die Infrastruktur beschädigt oder ganz zerstört, müssen sie selbst oder im besten Fall eine Versicherung oder gar der Staat die finanzielle Last tragen. Die Überschwemmungen 2021 haben gezeigt, wie schnell ganze Regionen verwüstet, Existenzen vernichtet werden können und wie groß das menschliche und persönliche Leid sein kann. Um sich auf die Folgen des Klimawandels einzustellen, vorzusorgen und zu schützen, sind Prävention, Information und umfassender Versicherungsschutz gegen alle Naturgefahren notwendig.

Prävention bedeutet, zum Beispiel das Gebäude durch bauliche Maßnahmen gegen Naturgefahren wie Hochwasser und Starkregen zu schützen (PDF). Information bedeutet, sich über die eigene Bedrohung durch Naturgefahren zu informieren. Bislang fehlt jedoch ein bundesweites Naturgefahrenportal, dass diese Informationen für alle Bürgerinnen und Bürger bereitstellt. Viele Hausbesitzer/-innen sind sich der Gefahren durch Wetterextreme nicht bewusst sind. Sie unterschätzen, dass Starkregen und Überschwemmungen existenzbedrohend sein können, beispielsweise das eigene Haus zerstören kann. Immobilienbesitzer/-innen und Mieter/-innen sollten deshalb ihr individuelles Risiko prüfen, wie sehr sie von Starkregen und anderen Naturgefahren betroffen sein können.

Die Städte und Gemeinden sind gleichermaßen gefordert, indem sie für Risikogebiete Hochwasserrisikokarten ausweisen sowie Hochwasserrisikomanagementpläne entwickeln und umsetzen müssen. Karten und Managementpläne liefern detaillierte Informationen zur Gefährdung durch Hochwasser und damit wichtige Informationen für Immobilienbesitzer.

Mit der Initiative „Stadt.Land.unter“ klärt die Versicherungswirtschaft seit vielen Jahren über die wachsende Gefahr heftiger Regenfälle auf und zeigt, wie sich Mieter/-innen und Immobilienbesitzer/-innen schützen können. Für mehr Information und Aufklärung haben die deutschen Versicherer zudem den Naturgefahren-Check und den Hochwasser-Check entwickelt. Dort erfahren Immobilienbesitzer/-innen adressgenau, wie stark das eigene Gebäude durch Flusshochwasser und Starkregen gefährdet ist. Zudem gibt es Informationen, welche präventiven Maßnahmen je nach Gefährdung ergriffen werden sollten. Wer neu baut, sollte je nach Gefährdung seines Gebäudes, die Schutzmaßnahmen gegen mögliche Überschwemmung direkt mit einplanen. Aber auch bereits bestehende Gebäude können nachträglich gegen Folgen von Starkregen und Hochwasser geschützt werden, etwa durch den Einbau einer Rückstauklappe, Aufkantungen an Kellertreppen oder durch Abdichten von Fenstern und Türen.

Um Hausrat und Wohngebäude gegen alle Naturgefahren zu schützen, ist der Abschluss einer Elementarschadenversicherung notwendig. Die Überschwemmungen 2021 haben jedoch erneut gezeigt, dass viele der betroffenen Hausbesitzer/-innen nicht ausreichend gegen alle Naturgefahren versichert waren. Dabei hätten sie Versicherungsschutz meist für kleines Geld einkaufen können. Dennoch sind erst rund die Hälfte der Gebäude in Deutschland gegen alle Naturgefahren – also auch gegen Starkregen und Überschwemmungen – versichert.  Das Angebot an Versicherungsschutz ist groß -  über 100 Versicherer bieten eine Elementarschadenversicherung an. Manchmal ist es notwendig bei mehreren Versicherern nachzufragen, ehe es zum Vertrag kommt.

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Daten-Perspektive

Nur wer die Naturgefahr kennt handelt Link kopieren

Voraussetzung für eine Anpassung an die Folgen des Klimawandels sind umfassende Informationen zu Naturgefahren: wie wirken sie, wo treten sie auf und welche Schäden verursachen sie? Bereits 2011 hat der GDV in Zusammenarbeit mit führenden Klimaforschern/-innen die wetterbedingten Schäden der letzten Jahrzehnte mit unterschiedlichen Klimamodellen verknüpft und daraus konkrete Schadenszenarien für die Zukunft abgeleitet. Die wichtigste Erkenntnis: Wetterextreme treten in Deutschland künftig immer öfter auf. Darüber hinaus hat der GDV verschiedene Wetterphänomene untersucht, beispielsweise Starkregen: wo tritt er mit welcher Wahrscheinlichkeit und welcher Intensität auf und welche Schäden verursacht er? Das Ergebnis: Kurze Starkregen verursachen die meisten Schäden und sie können überall in Deutschland auftreten.

Darauf aufbauend haben die Versicherer drei Starkregengefährdungsklassen eingeführt. Damit kann das Risiko von Starkregenschäden besser eingeschätzt werden. Abhängig von seiner Lage wird jedes Gebäude einer von drei Gefährdungsklassen zugeordnet. Denn: je tiefer ein Gebäude liegt, je länger das Wasser darin steht, desto höher ist der Schaden.

Für jedes Gebäude in Deutschland kann diese Gefährdung berechnet werden. Die Starkregengefährdungsklassen wurden in das Geo-Informationssystem „ZÜRS Geo“ eingepflegt. Sie ergänzen die vier Hochwassergefährdungsklassen, die zur Einschätzung der Hochwassergefährdung von Gebäuden dienen. „ZÜRS Geo“ dient zur Risikoeinschätzung von Naturgefahren und hilft den Versicherern bei der Kalkulation des Versicherungsbeitrags der Elementarschadenversicherung.

“Neben der Intensität des Regens hat die Lage eines Gebäudes einen entscheidenden Einfluss auf das Ausmaß von Starkregenschäden.“
Jörg Asmussen, Hauptgeschäftsführer, Geschäftsführendes Mitglied des Präsidiums
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