Unsere Positionen zu Regulierung & Recht
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Bürokratieentlastung
Auch für Versicherungsunternehmen gilt, dass sie leider viel Zeit benötigen und großen Aufwand betreiben müssen, um die zuletzt immer weiter anwachsenden Bürokratielasten zu schultern. Insofern begrüßen wir es, dass auch die jetzige Bundesregierung den Ansatz weiterführt, für jede neu einzuführende Bürokratielast eine bestehende abzubauen (sog. One-in-one-out-Regelung). Zu begrüßen ist auch, dass die Bundesregierung ihr Versprechen aus dem Koalitionsvertrag einlöst und nun mit den Arbeiten für ein (Steuer-)Bürokratieentlastungsgesetz begonnen hat. Der Verband hat sich dazu Anfang dieses Jahres (2023) an einer Umfrage beteiligt, die ein Staatssekretärsausschuss der Bundesregierung unter Federführung des Bundesjustizministeriums durchgeführt hat. Eine erste Bewertung der vom Verband eingereichten neun Vorschläge durch das Statistische Bundesamt zeigt, dass unsere Vorschläge umsetzbar sind und für spürbare Entlastung sorgen können. Die Vorschläge sollten dem Gesetzgeber deshalb nun zügig zur Entscheidung vorgelegt werden.
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Globale Mindestbesteuerung
Die globale Mindeststeuer und weitere Reforminitiativen auf OECD- und EU-Ebene müssen möglichst einfach administrierbar in Deutschland umgesetzt werden. Sie sollten außerdem zum Anlass genommen werden, bestehende Anti-Missbrauchsregelungen auf den Prüfstand zu stellen. Da nach wie vor nicht alle Details der globalen Mindestbesteuerung feststehen, sollte ein zeitlicher Aufschub für eine sanktionsbewehrte Anwendung der komplexen Regeln nach dem eigentlichen Starttermin (1. Januar 2024) gewährt werden. Konsequent wäre es in diesem Zusammenhang zudem, die 25 Prozent-Grenze, unterhalb der nach dem Außensteuergesetz von einer Niedrigbesteuerung ausländischer Gesellschaften ausgegangen wird, auf das global vereinbarte Mindeststeuerniveau von 15 Prozent abzusenken.
Weitere Informationen finden Sie in unserer Stellungnahme.
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Insolvenzrecht
Der Verband hat sich an der Konsultation zum EU-Richtlinienvorschlag zur Harmonisierung des Insolvenzrechts beteiligt und die darin enthaltenen Vorschläge zur Stärkung von Gläubigerrechten begrüßt. Das geplante sog. Pre-Pack-Verfahren sowie die Einführung vereinfachter verwalterloser Liquidationsverfahren für Kleinstunternehmen werden aufgrund unzureichender Gläubigerbeteiligung und Missbrauchsrisiken jedoch kritisch bewertet.
Weitere Informationen finden Sie in unserer Stellungnahme.
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Solvency II
Die Überprüfung des Aufsichtssystems Solvency II ist auf der Zielgeraden. Der Europäische Rat hat sich bereits positioniert und ein Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens wird in diesem Jahr erwartet. Der Koalitionsvertrag setzt die richtigen Akzente im laufen-den legislativen Prozess: Änderungen am System, insbesondere bei den Kapitalanforderungen, sollten evidenz- und risikobasiert erfolgen. Denn eine sachlich nicht gerechtfertigte Änderung der Zinsextrapolation könnte den Spielraum der Lebensversicherer für langfristige Investitionen deutlich einschränken und damit das Potenzial für Investitionen in eine klimafreundliche Infrastruktur verringern. Dies stünde dem Ziel der Bundesregierung entgegen, Bedingungen für langfristige Investitionen von Kapitalsammelstellen zu verbessern. Positiv ist zudem das Bekenntnis der Bundesregierung zu einer stärkeren Berücksichtigung des Proportionalitätsprinzips im Review. Das komplexe Regelwerk könnte so in der Aufsichtspraxis künftig besser an unternehmensindividuelle Geschäftsmodelle und Risikoprofile angepasst werden.
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Unternehmenssteuerrecht
Die Rahmenbedingungen für Unternehmen am Standort Deutschland haben sich zuletzt – verursacht insbesondere auch durch Klimakrise, Ukrainekrieg, hohe Energiepreise, Inflation und Fachkräftemangel – deutlich verschlechtert. Ein international wettbewerbsfähiges Unternehmenssteuerrecht hat als Standortfaktor erheblich an Bedeutung gewonnen. Unternehmen sollten künftig steuerlich keinesfalls höher belastet, sondern eher entlastet werden. Neben der Schaffung von Investitionsanreizen sind hierfür aber vor allem Strukturreformen in Richtung eines einfachen, systematischen, verlässlichen und rechtsformneutralen Steuerrechts geboten.
Rechtsformneutralität bedeutet dabei für die Versicherungswirtschaft, dass Versicherungsunternehmen nicht benachteiligt werden dürfen, weil sie ihre Tätigkeiten aus aufsichtsrechtlichen Gründen nicht in einem einzigen Unternehmen betreiben können, sondern wegen des sog. Spartentrennungsgrundsatzes in rechtlich selbständigen Gesellschaften betreiben müssen. Hier besteht bei der Umsatzsteuer Handlungsbedarf: Die derzeit bestehenden Regelungen zur sogenannten umsatzsteuerlichen Organschaft sind nicht mehr zeitgemäß und rechtsunsicher. Eine Neuregelung würde Klarheit schaffen, sowohl für die Unternehmen als auch für Finanzverwaltung und Finanzgerichte.
Ebenso bedarf es einer Generalüberholung der Grunderwerbsteuer, die derzeit oft ein Umstrukturierungshindernis darstellt. Auch die Geltendmachung von Quellensteuererstattung und -anrechnung sowie die Einlagenrückgewähr sind praxistauglich und rechtssicher zu reformieren. Insgesamt ist das Steuerverfahren weiter zu digitalisieren.
Das Dekarbonisierungspotenzial durch Investitionen in nachhaltige Energien sollte durch Anpassungen der steuerlichen Regeln konsequent genutzt werden.
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EU-Verbandsklagerichtlinie
Die deutsche Wirtschaft steht angesichts des Klimawandels und der Digitalisierung vor immensen wirtschaftlichen und technischen Herausforderungen. Diese werden durch weiterhin bestehende Störungen der Lieferketten, den Krieg in der Ukraine und daraus resultierenden Preissteigerungen zusätzlich verstärkt. Zur Bewältigung dieser Herausforderungen ist auch im Hinblick auf den internationalen Standortwettbewerb ein funktionsfähiges und sicheres Rechtssystem, auf das sich alle Wirtschaftsakteure verlassen können, erforderlich. Die Bedingungen für den kollektiven Rechtsschutz spielen hierbei eine entscheidende Rolle.
Mit der Umsetzung der EU-Verbandsklagerichtlinie wird erstmals eine Abhilfeklage in den kollektiven Rechtsschutz eingeführt. Ein Paradigmenwechsel ist wichtig für alle Verbraucherinnen und Verbraucher. Die Bundesregierung hat im März 2023 dazu einen Referentenentwurf vorgelegt, der jetzt im Parlament, aber auch bei Verbraucherschützern und der Wirtschaft intensiv diskutiert wird. Aus Sicht der deutschen Wirtschaft kommt es vor allem auf eine faire Ausgestaltung dieses neuen Rechtsinstruments an.
Weitere Informationen finden Sie in dieser gemeinsamen Stellungnahme mit anderen Wirtschaftsverbänden.