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Dossier: Elektromobilität (© John Cameron / unsplash)

Dossier: Elektromobilität

Die Mobilität der Zukunft ist elektrisch. Ab 2035 werden EU-weit Neuwagen mit Benzin- oder Dieselmotoren nicht mehr zugelassen, der Antrieb muss ohne CO2-Emissionen auskommen. Die Versicherungswirtschaft unterstützt und begleitet diese Energiewende im Verkehr – sie gibt Tipps zur Schadenverhütung, versichert neue Fahrzeugtypen wie S-Pedelecs oder E-Scooter und beobachtet die Effekte von Elektroautos in der Kfz-Versicherung.

26.03.2024
Aktuelles Geschehen

2023 wurden erstmals mehr Elektro- als Diesel-Pkw zugelassen Link kopieren

Noch haben in Deutschland nur etwa drei Prozent aller Pkw einen reinen Elektro-Antrieb, weitere knapp sechs Prozent sind Hybride aus Verbrenner und Elektro. Aber ihr Anteil steigt kontinuierlich.  Allein im Jahr 2023 wurden mehr als eine halbe Million Elektroautos zugelassen – erstmals mehr als mit einem Diesel-Motor. Bislang haben Hersteller, Versicherer, Werkstätten und Verbraucher allerdings noch wenig Erfahrung mit Elektroautos – vor allem im Vergleich zu mehr als 100 Jahren Erfahrung mit Verbrennern. 

Politische Perspektive

Keine Neuzulassungen für Verbrenner fossiler Energie ab 2035 Link kopieren

Das Aus für Verbrennungsmotoren ist beschlossene Sache: Ab 2035 werden europaweit neue Autos nur noch zugelassen, wenn sie im Betrieb kein CO2 mehr ausstoßen. Das können zwar auch Verbrenner sein, die mit klimaneutralen Kraftstoffen betrieben werden – doch die übergroße Mehrheit der neuen Fahrzeuge wird elektrisch fahren.

„Die Versicherungswirtschaft unterstützt den Abschied vom Verbrenner. Dass wir als Gesellschaft unsere Fahrzeuge künftig nicht mehr mit fossilen Rohstoffen antreiben, ist und bleibt angesichts der ökologischen Herausforderung des Klimawandels der einzig richtige – ja vielleicht der einzig mögliche Weg.“
Anja Käfer-Rohrbach, Stellv. Hauptgeschäftsführerin, Kompetenzzentrum Risikoschutz für Gesellschaft und Wirtschaft


Branchen-Perspektive 1: Reparaturkosten von Elektroautos

Elektroautos müssen nachhaltig sein – auch bei der Reparatur Link kopieren

Eine aktuelle Studie des GDV zeigt, dass Schäden in der Vollkaskoversicherung – also bei Schäden, die an den versicherten Autos selbst entstehen – bei Elektroautos im Durchschnitt zwischen 30 und 35 Prozent höher sind als die Schäden vergleichbarer Verbrenner. Diese hohen Kosten haben im Wesentlichen vier Gründe: 

1. Teure Antriebsbatterien 

Ein Austausch der teuren Antriebsbatterien übersteigt schnell den Wiederbeschaffungswert des Autos und führt zu einem wirtschaftlichen Totalschaden – auch bei noch sehr jungen Autos. Trotzdem sind die Antriebsbatterien der Elektroautos teilweise konstruktiv nicht ausreichend geschützt und der Austausch oder die Reparatur defekter Antriebsbatterien oft schwierig. 

2. Furcht vor Bränden 

Als Folge einer unsicheren Gefährdungsbeurteilung werden Elektroautos nach Unfällen teilweise zur Sicherheit in Wassercontainer getaucht. Im schlechtesten Fall wird so aus einem reinen Blechschaden ein Totalschaden. Auch in Werkstätten herrscht oft Unsicherheit, ob und ab welchem Schadenumfang eine Prüfung der Batterie notwendig ist – daher werden verunfallte Elektroautos zur Sicherheit vielfach auf sehr teuren sogenannten Quarantäneplätzen zu lange abgestellt.  

3. Lange Standzeiten   

Elektroautos stehen deutlich länger in den Werkstätten als Verbrenner. Neben der Unsicherheit hinsichtlich der Brandgefahr und entsprechenden Verzögerungen bei der Reparatur sind auch die Ersatzbatterien nicht so schnell und einfach zu beschaffen. Unter dem Strich führen die langen Standzeiten nicht nur zu Kosten in den Werkstätten, sondern auch zu weiteren Kosten für einen Mietwagen oder den Nutzungsausfall.  

 4. Hohe Arbeitskosten 

Den meisten Werkstätten fehlt für Arbeiten an Elektroautos noch Knowhow, freie Werkstätten wagen sich oftmals nicht an E-Autos heran. Experten für die Reparatur von Elektroautos können sich ihr Spezialwissen daher teuer bezahlen lassen. Dazu kommt, dass der Anteil der Elektro-Autos, die in Markenwerkstätten repariert werden, erheblich höher ist als bei Fahrzeugen mit konventionellem Antrieb.

Forderungen an Hersteller, Werkstätten und Gutachter

Der GDV fordert daher die Hersteller auf, 

  1. die Batterien schon beim Design der Fahrzeuge so gut wie möglich vor Schäden durch Unfälle zu schützen; 
  2. den Werkstätten und Gutachtern Diagnosedaten zur Verfügung zu stellen, mit denen der Zustand der Batterie nach einem Unfall sicher festgestellt werden kann;

  3. in ihren Reparaturanleitungen wirtschaftlich und ökologisch nachhaltige Lösungen für die Reparatur und den teilweisen Austausch beschädigter Batterien vorzusehen;

  4. präzise Kriterien für den Umgang mit verunfallten Elektroautos zu entwickeln und Werkstätten, Abschleppunternehmer und Feuerwehren umfassend zu qualifizieren – unter anderem damit nicht wie heute viel zu viele noch reparaturfähige Autos getaucht werden. 

Die Werkstätten und Gutachter wiederum sollten… 

  1. die teure Quarantänelagerung durch schnelle Überprüfung der Batterien möglichst kurz halten und 
  2. den Abschied vom Verbrenner durch die vermehrte Aus- und Weiterbildung von Fachkräften für die Reparatur von Elektroautos antizipieren. 
Verbraucher-Perspektive: Brandgefahr im Vergleich zum Verbrenner?

Sicher parken, sicher laden Link kopieren

Brennen Elektroautos öfter als Verbrenner? Diese Angst treibt offenbar viele Menschen um – daher verbannen manche Kommunen Elektroautos aus ihren Parkhäusern, wollen immer wieder Wohnungseigentumsgemeinschaften das Parken und Laden der Stromer in ihren Tiefgaragen verbieten. Die Versicherer halten solche Parkverbote für E-Autos allerdings für unberechtigt, denn ihre Schadenstatistiken bestätigen die Ängste vor ungewöhnlich oft brennenden Elektroautos bislang nicht. 

Gleichzeitig gilt aber: Wer Elektro-Autos in privaten Garagen laden will, sollte sein Stromnetz vorher von einem Elektroinstallateur prüfen lassen. Der GDV empfiehlt für das sichere und störungsfreie Laden den Einbau fest installierter Ladestationen, so genannter Wallboxen.

Branchen-Perspektive 2: Brandgefahren beim Seetransport

Brände von Lithium-Ionen-Akkus auf See müssen beherrschbar sein Link kopieren

Elektroautos brennen nicht öfter als Verbrenner – aber sie brennen anders. Das Problem: Mit den auf Schiffen üblichen Löschanlagen lassen sich Brände von Lithium-Ionen-Akkus nicht wirksam bekämpfen. Die Versicherer fordern von Reedern daher einen besseren Brandschutz. Im Gegensatz zu den herkömmlichen CO2-Löschsystemen könnten Systeme mit Hochdruck-Wassernebel die Gefahr eines brennenden E-Autos beherrschbar zu machen. 

Mikromobilitäts-Perspektive

Fahrten mit Leih-Scootern müssen sicherer werden Link kopieren

Mit den E-Scootern ist in Folge der Elektromobilität eine neue Fahrzeugklasse entstanden. Seit der Zulassung im Jahr 2019 scheiden sich gerade in Großstädten die Geister: Für die einen sind E-Scooter das ideale Vehikel für das schnelle und bequeme Fortkommen, die anderen sehen in den E-Scootern vor allem eine neue Gefahrenquelle. Zahlen den GDV zeigen: Es gibt ein Sicherheitsproblem mit E-Scootern – und dieses Problem geht zuallererst von den Nutzerinnen und Nutzern von Leih-Flotten in Großstädten aus.