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Dossier: Wirtschaftslage und Prognose

Dossier: Wirtschaftslage und Prognose

Geprägt von neuen Herausforderungen unterliegt die globale Wirtschaft einem ständigen Wandel. Welche Folgen hat dies für Konjunktur und Märkte? Wohin entwickeln sich Finanzmarkt, Volkswirtschaft und Weltwirtschaft? Welche Rolle spielt die Versicherungswirtschaft? Hier finden Sie unsere Einschätzung zu ausgewählten Themen.

03.03.2023
Branchen-Perspektive

Konjunkturausblick auf die Versicherungswirtschaft Link kopieren

ifo Konjunkturtest für die Versicherungswirtschaft

Stimmung und Geschäftsklima in der Versicherungswirtschaft waren im vierten Quartal 2022 schlecht, so der ifo Konjunkturtest für die Versicherungswirtschaft. Das Geschäftsklima ist um fünf Punkte zurückgegangen und liegt mit -24,1 Punkten deutlich unter dem langfristigen Mittelwert von 12,9 Punkten. Grund waren vor allem die hohen Energiepreise und Inflationsraten.

Durch den vergleichsweise milden Winter und den neu aufgekommenen Konjunkturoptimismus dürfte diese pessimistische Einschätzung vor allem im Januar wieder abgenommen haben. Wir gehen daher davon aus, dass die Stimmung im Sektor im ersten Quartal 2023 wieder deutlich besser wird.

Mit Blick auf die Sparten hat sich die Beurteilung der aktuellen Geschäftslage in der Lebensversicherung in den letzten drei Monaten 2022 erneut verschlechtert. 43 Prozent der befragten Unternehmen bewerteten ihre Geschäftslage als ungünstig (Vorquartal: 32 Prozent). Somit erreichte die Beurteilung der Geschäftslage einen neuen Tiefststand.

Anders als in der Lebensversicherung erholte sich die Stimmung in der Schaden- und Unfallversicherung leicht. Der Saldo für das Geschäftsklima stieg von Oktober bis Dezember 2022 auf -18,2 Punkte an und machte damit den Rückgang aus dem Vorquartal wieder wett. Dennoch liegt der Stimmungsindikator weit unter dem langfristigen Mittelwert von +9,8 Punkten.

Die Beurteilung der aktuellen Geschäftslage bei den Kompositversicherern hat sich gegenüber dem Herbst leicht verbessert. Der Saldo aus guten und schlechten Beurteilungen liegt damit bei -20,9 Punkten (Vorquartal: -24,9 Punkte).

Prognose der Versicherer

Die deutschen Versicherer erwarten für 2023 ein verlangsamtes Beitragswachstum. Über alle Sparten hinweg erwartet der GDV für den Markt für Versicherungen ein nominales Plus von 1,9 Prozent. Bei einer Beruhigung der Preisentwicklung und einer Stabilisierung der Konjunktur könnte sich das Wachstum auf bis zu 3 Prozent erhöhen, so die Prognose. Die Entwicklungen unterscheiden sich jedoch je nach Sparte.

In der Schaden- und Unfallversicherung rechnen die Versicherer mit einem Beitragswachstum von rund 6 Prozent – bei deutlichen Unterschieden in den einzelnen Sparten. Ein nur leichtes Wachstum erwarten sie in der Unfall-, der Rechtsschutz- und der Allgemeinen Haftpflichtversicherung.

In der Kfz-Versicherung wird hingegen mit einem spürbaren Beitragsplus gerechnet. Zum einen sollte es mit Entspannungen in den Lieferketten wieder mehr Neuzulassungen geben. Zum anderen führen steigende Ersatzteilpreise und Werkstattkosten zu einem höheren Schadenaufwand.

Ebenfalls einen deutlich höheren Schadenaufwand wird in der Wohngebäudeversicherung erwartet. Hier machen sich steigende Material- und Handwerkerkosten  besonders deutlich bemerkbar. Selbst bei einer Abkühlung der Baukonjunktur wird unter dem Strich mit einem Beitragsplus von 16 Prozent gerechnet

In der Privaten Krankenversicherung wurden zum 1. Januar die Beiträge in der Privaten Pflegeversicherung und bei etwa einem Drittel der privat Krankenvollversicherten erhöht. Grund dafür sind die laufend steigenden Behandlungskosten im Gesundheitssystem. Unter dem Strich rechnet die Private Krankenversicherung mit einem moderaten Beitragsplus von 3,5 Prozent.

In der Lebensversicherung ist die Unsicherheit momentan am höchsten. Auf der einen Seite dürften weiter steigende Zinsen allmählich zu attraktiveren Konditionen der Lebensversicherer führen. Auf der anderen Seite wird die wirtschaftliche Unsicherheit die privaten Haushalte weiter belasten – und werden die Menschen weniger Geld für die private Altersvorsorge zurücklegen. Mit dem zweiten Quartal sollte dann aber ein vorsichtiger Erholungsprozess einsetzen. Dafür sorgen staatliche Unterstützungsmaßnahmen und Lohnerhöhungen, zudem dürften auch die Inflationsraten allmählich sinken. Insgesamt rechnen die Versicherer in der Lebensversicherung mit einer unveränderten Geschäftsentwicklung von Plus Minus Null. Im Einzelnen wird erwartet, dass sich die Lebensversicherungen gegen Einmalbeiträge und die Einnahmen der Pensionsfonds im Jahr 2023 stabil entwickeln. Die Einnahmen der Pensionskassen dürften um 4 Prozent schrumpfen, die Lebensversicherungen gegen laufende Beiträge hingegen um 0,3 Prozent geringfügig wachsen. Hier dürfte der Anteil klassischer Versicherungen mit Höchstrechnungszins stagnieren oder weiter zurückgehen, während fondsgebundene Versicherungen ihren Anteil im Neugeschäft ausweiten dürften.

Wirtschaftliche Perspektive

Vorerst kein Wirtschaftseinbruch, aber Inflation lässt nicht locker Link kopieren

Ein Jahr nach Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine ringt die Weltwirtschaft weiter mit hoher Inflation, doch es gibt auch positive Signale: Die Energiepreise sind niedriger als vor Kriegsbeginn und die globalen Lieferketten entspannen sich. Die Wirtschaft des Euroraums erwies sich gegen Jahresende widerstandsfähiger als erwartet.

Auch in Deutschland ist die wirtschaftliche Situation besser als im Herbst befürchtet. In den letzten Wochen haben die Bundesregierung, der Internationale Währungsfonds und die Europäische Kommission ihre Prognosen für das Gesamtjahr 2023 in Deutschland angehoben. Dennoch zeichnet sich für das 1. Quartal ein weiter schrumpfendes BIP ab.

Die Inflation hält sich hartnäckig hoch, obwohl Energiepreise weniger zur Teuerung beitragen. Auch der Arbeitsmarkt zeigt keine Anzeichen von Schwäche.

Zentralbanken werden Zinsen weiter erhöhen

Die Zentralbanken haben daher deutlich kommuniziert, dass die Zinsen weiter steigen müssen. Angesichts dieser Entwicklungen macht derzeit ein neues Szenario – „no landing“ – die Runde. Dieses sieht vor, dass die Inflation nicht wieder auf den Zielwert zurückgeht, was noch höhere Zinsen für eine deutlich längere Zeit nach sich ziehen würde.

Die Bondmärkte haben sich nach anfänglichem Zögern nun auf eine verlängerte Hochzinsphase eingestellt, die Zinserwartungen haben sich nach oben angepasst. Die Kurse an den Aktienmärkten zeigen sich hingegen noch weitgehend unbeeindruckt.

Die vollständige Ausgabe der Economics and Finance Perspectives können Sie sich hier herunterladen. 


Politische Perspektive

Energiesicherheit auf der Agenda Link kopieren

Die Sicherstellung der Energie- und insbesondere der Gasversorgung bestimmt die kurzfristige Agenda der Wirtschaftspolitik. Die Bundesregierung hat zahlreiche Liefervereinbarungen mit Gasexportländern geschlossen und Mittel bereit gestellt, um die Gasspeicher vor dem Winter ausreichend zu füllen. Gleichzeitig soll die alternative Energieerzeugung in Deutschland forciert werden, um von Importen unabhängiger zu werden und die mittelfristigen Klimaziele zu erreichen. Besonders wichtig ist dies für das produzierende Gewerbe – insbesondere die Chemiebranche, die Autobranche und andere energieintensive Branchen. 

Private Haushalte bekommen die Gasknappheit und gestiegenen Preise auf dem Markt stark zu spüren – während Unternehmen höhere Kosten durch höhere Preise zumindest teilweise kompensieren können, haben Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen auf den Preis ihrer Arbeitskraft auf dem Markt wenig Einfluss. Mittelfristig dürften die Tariflöhne zwar auf die gestiegenen Lebenshaltungskosten reagieren. Es ist aber fraglich, ob die Lohnsteigerungen den Anstieg der Verbraucherpreise kompensieren werden.