„Europa muss Resilienz aufbauen“
Was sind aktuell die größten ökonomischen Herausforderungen, wie blickt die Versicherungswirtschaft auf 2026? Darum ging es bei der jüngsten Ausgabe des GDV-Chefökonomen-Talks.
Zum Jahresende 2025 haben die drei führenden Ökonomen der Versicherungswirtschaft – Ludovic Subran von der Allianz, Michael Menhart von der Munich Re und Jérôme Haegeli von der Swiss Re - wieder über die wirtschaftliche Lage in Deutschland, Europa und weltweit diskutiert. Mit Blick auf die Bestrebungen eines einheitlichen europäischen Kapitalmarkts verwies Menhart darauf, dass die Märkte „immer noch zu fragmentiert“ seien. „Wir haben 27 Rechtsräume, wir haben unterschiedliche Insolvenzregime, unterschiedliche Steuerregime und auch limitierte grenzüberschreitende Möglichkeiten zu skalieren“, so Menhart. „Das Kapital bleibt da immer noch zu stark national, obwohl die Investitionen europäisch wirken sollten.“
Subran wiederum hob vor dem Hintergrund der anhaltenden Konjunkturflaute in Deutschland die Bedeutung der von der Bundesregierung beschlossenen Fiskalpakete für Verteidigung und Infrastrukturinvestitionen hervor. „Deutschland hat in den letzten drei Jahren kein Wachstum erzielt. Das ist inakzeptabel und rechtfertig fiskalische Reize, insbesondere für die Infrastruktur“, so der Allianz-Chefvolkswirt. Zugleich mahnte er weitreichende Strukturreformen an, insbesondere auf dem Arbeitsmarkt.
Aus Sicht Haegelis dürfte die steigende US-Staatsverschuldung in nächster Zeit problematisch für die Weltwirtschaft werden, zumal sie in den kommenden Jahren bis auf 140 Prozent des Bruttoinlandsprodukts ansteigen könnte. „Das ist sicher nicht positiv und der Fiskalraum ist sicher nicht mehr so groß in Zukunft“, so Haegeli. Dennoch glaubt er mit Blick auf die US-Kapitalmärkte nicht an eine fundamentale Vertrauenskrise, allenfalls an eine temporäre. Unsicherheit sei jedoch verbunden mit dem absehbaren Wechsel an der Spitze der einflussreichen US-Notenbank Fed.
Auf die Frage von Moderator Jörg Asmussen, Hauptgeschäftsführer des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV), nach den größten Herausforderungen für das Jahr 2026 nannten alle drei Chefökonomen die Sorge um die wirtschaftliche Stärke Europas, die es insbesondere im globalen Wettbewerb mit den USA und China zu verteidigen gelte. „Europa muss Resilienz aufbauen und muss das schaffen, ohne zu viel Wachstum zu opfern. Das ist für mich das Kernthema“, brachte es Menhart in der auf der GDV-Internetseite übertragenen Live-Diskussion auf den Punkt.