Zur Suche
Naturgefahren

Elementarschutz für alle: Versicherer legen Modell für Sicherungssystem gegen Naturgefahren vor

Am Tag vor der Ministerpräsidentenkonferenz mit Bundeskanzler Friedrich Merz haben die in Deutschland tätigen Versicherer ein Modell vorgelegt, wie flächendeckende Verfügbarkeit, langfristige Versicherbarkeit und Bezahlbarkeit von Elementarschutz in der Praxis erreicht werden können.

Lesedauer
© gettyimages / EyeEm Mobile GmbH

„Die Klimaschäden haben sich in Deutschland seit 1980 verfünffacht. Unser Ziel ist ein Sicherungssystem, das dauerhaft funktioniert: fair für Hauseigentümer, stabil für den Markt und tragfähig für die öffentliche Hand. Mit Elementar Re stellen wir einen zentralen Baustein für dieses Systems vor“, sagt Jörg Asmussen, Hauptgeschäftsführer des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV). „Aber klar ist auch: Versicherung allein reicht nicht. Ohne konsequente Prävention werden die Risiken weiter steigen – und das gefährdet das ganze System.“

Ausgangspunkt des Modells sind zwei Kernfragen: Wie bleibt der Schutz gegen Naturgefahren langfristig versicherbar und bezahlbar? Und wie kann eine Risikoteilung mit dem Staat im Fall extremer Naturkatastrophen funktionieren? Der Koalitionsvertrag setzt hierfür wichtige Leitplanken. Mit dem Modell „Elementar Re“ legen die Versicherer nun erstmals einen Vorschlag vor, wie ein Sicherungssystem für Deutschland ausgestaltet sein könnte. Der Vorschlag versteht sich als fachlicher Impuls zur politischen und gesellschaftlichen Diskussion.

Elementar Re bündelt Hochrisikogebäude und hält Schutz bezahlbar

Mehr als 400.000 Wohngebäude in Deutschland liegen in Gebieten, in denen risikogerechte Prämien schwer zu stemmen wären. Elementar Re bündelt diese Hochrisikogebäude und ermöglicht so auch in anspruchsvolleren Risikolagen weiterhin Versicherungsschutz.

Die Versicherungsverträge für diese Häuser können die Erstversicherer an Elementar Re weitergeben. Die Prämien werden auf eine Obergrenze gedeckelt, die nach der Größe der versicherten Gebäude gestaffelt werden sollen. Die Differenz kann über einen kleinen, breit verteilten Ausgleich finanziert werden. Viele zahlen sehr wenig, damit wenige nicht unbezahlbar viel zahlen müssen.

„Mit Elementar Re halten wir auch die am stärksten gefährdeten Häuser versicherbar und bezahlbar – solidarisch finanziert, ohne den Markt zu verzerren“, sagt Anja Käfer-Rohrbach, stellvertretende Hauptgeschäftsführerin des GDV.

Staatlicher Stop-Loss als ultima Ratio

Für den Schadenfall verfügt Elementar Re über zwei privatwirtschaftliche Sicherungsstufen: eine eigene Rückversicherung und einen schrittweise aufgebauten Sicherungsfonds. Ergänzt werden diese durch einen staatlichen Stop-Loss-Mechanismus, der ausschließlich bei seltenen Extremereignissen greift – also nur dann, wenn die privatwirtschaftlichen Reserven weitestgehend ausgeschöpft sind. Der Staat übernimmt damit weder die Rolle eines Erstversicherers noch eines dauerhaften Rückversicherers. Vielmehr folgt der Ansatz der im Koalitionsvertrag verankerten Idee einer staatlich unterstützten Rückversicherungslösung, die den Markt sinnvoll ergänzt, ohne ihn zu ersetzen. Dieser klar definierte Mechanismus bildet einen gezielten Schutzanker für außergewöhnlich schwere Katastrophen mit einem Schadenvolumen von mehr als 30 Milliarden Euro.

Prävention und Elementarschadenversicherung mit Opt-Out als Grundlage

Der Koalitionsvertrag zielt zudem auf eine möglichst flächendeckende Elementarschadenversicherung ab. Die Versicherungswirtschaft greift diesen politischen Impuls auf: Elementarschutz wird zur Regel – aber niemand wird zum Abschluss gezwungen. Im Neugeschäft soll der Schutz automatisch enthalten sein, im Bestand erfolgt bis zu einem Stichtag eine einmalige, gesetzlich geregelte Umstellung. In beiden Fällen besteht eine Opt-out-Möglichkeit. Wer diese nutzt, erklärt zugleich, im Schadenfall keine staatliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Eine solche Umsetzung erhöht aus Sicht der Versicherer die Versicherungsdichte deutlich, wahrt aber weiterhin die Vertragsfreiheit und vermeidet die Nachteile einer verpflichtenden Versicherungslösung.

Eine flächendeckende und tragfähige Elementarschadenversicherung ist nur unter der Bedingung möglich, dass effektive Präventionsmaßnahmen konsequent umgesetzt werden. Sie bilden die unverzichtbare Grundlage für das Gesamtkonzept. Dazu gehören verbindliche Vorschriften für das Bauen in Gefahrengebieten, verpflichtende Gefährdungsbeurteilungen bei Neubauten sowie maximale Transparenz über lokale Risiken, etwa durch ein bundesweites Naturgefahrenportal und einen gesetzlichen Naturgefahrenausweis für Gebäude. Nur wenn Risiken frühzeitig erkannt und baulich berücksichtigt werden, kann Versicherungsschutz überhaupt tragfähig angeboten und Schäden wirksam begrenzt werden.

Zusammengefasst gilt: Elementar Re kann seine Wirkung nur im Rahmen eines Naturgefahren-Gesamtkonzeptes entfalten – mit breitem Versicherungsschutz gegen Naturgefahren sowie konsequenter Prävention und Klimafolgenanpassung.

Ansprechpartner