Nachhaltiges Bauen mit neuen Herausforderungen für die Versicherer
Auch für die Versicherer steht die Nachhaltigkeit beim Bauen im Fokus. Im Interview erklärt Olaf Buttkewitz von den technischen Versicherern die aktuellen Herausforderungen für die Branche.

Bei einer Holzhybridbauweise werden unterschiedliche Baumaterialien verwendet. Beispielsweise Holz in Kombination mit Stahl, Beton oder Glas.
Laut Statistischem Bundesamt werden durchschnittlich pro Jahr rund 270.00 Wohngebäude in Deutschland fertiggestellt. Die meisten entstehen in der herkömmlichen Betonbauweise, das heißt die Häuser werden vor Ort auf dem Bauplatz Stück für Stück errichtet. Aber auch am Bau hat eine Transformation eingesetzt. Immer mehr „Green Buildings“ entstehen, denen der Leitgedanke der Nachhaltigkeit unterliegt.
Das Konzept eines „Green Buildings“ soll über den ganzen Lebenszyklus, angefangen bei der Planung, der Konstruktion, sowie beim Betrieb und der Wartung, und letztlich bei der Demontage des Hauses verfolgt werden. Hierbei wird besonders auf Ressourceneffizienz bei Energie, Wasser und Material geachtet. Besonders das Baumaterial verändert sich unter Nachhaltigkeitsaspekten. Ein Beispiel dafür: die Holzhybridbauweise. Was das genau ist und welche Folgen das für die Versicherer hat, erklärt Olaf Buttkewitz, stellvertretender Vorsitzender der Kommission der Technischen Versicherer des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft.
Herr Buttkewitz, was versteht man grundsätzlich unter holzhybrider Bauweise?
Buttkewitzt: Bei einer Holzhybridbauweise werden unterschiedliche Baumaterialien verwendet. Beispielsweise Holz in Kombination mit Stahl, Beton oder Glas. Die Idee, die dahinter steckt ist, dass man die Materialien, entsprechend sinnvoll einsetzt, beispielsweise wenn man eine Decke einzieht, kann ein Material Zug aufnehmen und ein anderes Material kann Druck aufnehmen. Es geht also um die optimale Belastung des jeweiligen Materials.
Die Idee, die dahintersteckt klingt jetzt nicht wirklich neu.
Buttkewitz: Das stimmt. Bereits in der Antike wurden Holz und Beton zu gemeinschaftlichen Bauteilen verbunden. Die so genannte Holz-Bau-Verbunddecke hat sich inzwischen von einem Nischenprodukt zu einer weit verbreiteten Bauart von Geschossdecken entwickelt.
Welche Vorteile hat eine Holzhybridbauweise?
Buttkewitz: Bei einer Holzhybridbauweise werden große Bauteile häufig in Fabriken gefertigt. Beispielsweise Fassadenmodule oder ganze Decken werden vorgefertigt und nicht erst vor Ort gebaut. Das ist insgesamt billiger für den Bauherrn.
Gibt es denn besondere Dinge, die dann an der Baustelle beachtet werden müssen?
Buttkewitz: Ja, wenn Holz verwendet wird ist dieses gegen Wasser empfindlich, deshalb ist es wichtig hier Schutzmaßnahmen zu ergreifen. Also z. B. diese Bauteile abdecken, bevor der Regen kommt.
Und welche Auswirkungen hat auf den Versicherungsschutz?
Buttkewitz: Versicherungstechnisch muss man über Verlagerungen von Risiken nachdenken. Beispielsweise könnte sich das Feuerrisiko durch mehr Holz am Bau erhöhen. So wird bei der Prämienkalkulation der Bauleistungsversicherung die Menge des verbauten Holzes möglicherweise stärker berücksichtigt werden. Dazu ist eine gründliche Risikoanalyse des Bauumfangs und der verwendeten Materialien notwendig. Daneben helfen ausführliche Schutzkonzepte im Umgang mit Holz am Bau.
Sind das die einzigen Risiken, die Versicherer neu bewerten müssen?
Buttkewitz: Grundsätzlich verlagern sich bei der Holzhybridbauweise Risiken von der Baustelle auf die Produktionsanlagen, da dort große höherwertige Bauteile entstehen, die dann erst vor Ort zusammengesetzt werden. Dadurch verringert sich das Risiko von Diebstählen von Baumaterial an der Baustelle. Gleichzeitig erhöht sich das Risiko beim Transport der vorgefertigten Bauteile zur Baustelle. Es könnte also zu Verlagerung der Prämienkalkulation in Richtung der Transportversicherung kommen. Aber das ist noch ein bisschen Zukunftsmusik, da der Anteil der Holzhybridbauweise, zumindest bei Wohngebäuden, noch sehr gering ist. Dennoch müssen wir uns als Technische Versicherer auf solche nachhaltigen Veränderungen vorbereiten.
Gibt es Unterschiede bei der Risikobewertung beim Bau eines Einfamilienhauses im Vergleich zu großen Bauvorhaben?
Buttkewitz: Ja die gibt es. Bei großen Bauvorhaben muss schon jetzt genauer geprüft werden, wie viele und welche unterschiedliche Baustoffe verwendet werden und ob sich daraus besondere Gefahren ergeben – vor allem in Bezug auf die Brandgefahr. Aber auch hier gibt es entsprechende Schutzkonzepte.
Gibt es aus Ihrer Sicht etwas, dass bei einer Holzhybridbauweise unbedingt beachtet werden sollte?
Buttkewitz: Tatsächlich sollte man Fachleute mit ausreichender Erfahrung heranziehen, da sich die Bauweise zur traditionellen Bauweise zum Teil doch sehr unterscheiden. Man könnte es auf die einfache Formel bringen: Erfahrung verhindert Schäden. Wir als Technische Versicherer bringen Erfahrungen mit und sind auf solche nachhaltigen Veränderungen am Bau bestens vorbereitet.
Über die Technischen Versicherer
Technische Versicherer sind Versicherungsunternehmen, die sich auf spezielle Versicherungen im technischen Bereich spezialisiert haben. Das können beispielsweise Versicherungen für Maschinen, Anlagen, technische Geräte oder auch Bauprojekte jeglicher Art sein. Sie bieten Schutz vor Schäden, Ausfällen oder Verlusten, die durch technische Defekte, Unfälle oder andere technische Risiken entstehen können. Ein Beispiel sind Versicherungen für Bauunternehmen, die Maschinen und Geräte während der Bauphase absichern, oder Versicherungen für Produktionsanlagen in Fabriken.