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Nachhaltigkeit

Unternehmen in der EU übernehmen mehr Verantwortung für Menschenrechte und Umwelt

Unternehmen sollen in der EU mehr Verantwortung für die Wahrung von Menschenrechten und den Schutz der Umwelt übernehmen. Die Sorgfaltspflichten erstrecken sich auf die gesamten Wertschöpfungskette.

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© Unsplash

Die deutsche Versicherungswirtschaft unterstützt die Ziele der Corporate Sustainability Due Diligence Directive (kurz: CSDDD) entschieden. In der Umsetzung müssen allerdings die Besonderheiten des Versicherungsgeschäfts berücksichtigt werden, um unverhältnismäßige Sorgfaltspflichten und unkalkulierbare zivilrechtliche Haftungsrisiken zu vermeiden. 

Versicherungs- und Realwirtschaft sollten nicht gleichbehandelt werden 

Nach Einschätzung des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) wäre eine Ausweitung der Sorgfaltspflichten für Versicherungsunternehmen auf ihre Kunden problematisch.  

Versicherer haben vergleichsweise wenig Einfluss auf das Verhalten ihrer Kunden, sodass eine derartige Verpflichtung nicht verhältnismäßig erscheint. Es besteht zwar eine "Verbindung" zwischen der Geschäftstätigkeit des Unternehmens und seines Versicherers, diese Verbindung ist aber in aller Regel nicht ursächlich für (drohende) Verletzungen von Menschenrechten oder Umweltstandards in der Sphäre des Kunden, noch trägt das Verschaffen von Versicherungsschutz zu solchen bei. Wenn sich Versicherer bei fortbestehenden Risiken auf Seiten des Kunden gleichwohl gezwungen sehen, keinen Versicherungsschutz zu gewähren bzw. bestehenden Versicherungsschutz zu beenden würde das zahlreiche Stakeholder treffen, die gar nicht im Fokus der CSDDD stehen. Versicherungen schützen nicht nur Unternehmen selbst, sondern auch Arbeitnehmer/-innen und weitere Drittparteien vor Risiken, Schäden oder Verlusten. Unfall- und Haftpflichtversicherungen haben beispielsweise den Zweck, Schäden von Arbeitnehmer/-innen oder Anwohner/-innen zu ersetzen, die von Unternehmen verursacht werden.

EU-Parlament fordert größeren Anwendungsbereich der Richtlinie 

Nach schwierigen Verhandlungen im Rechtsausschuss (JURI) hat das Europäische Parlament (EP) kürzlich eine eigene Position zum Kommissionvorschlag gefunden.  

Der Ministerrat hatte seine Verhandlungsbasis bereits Ende 2022 festgelegt. So sollen Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten und mehr als 150 Millionen Euro Jahresumsatz unter die Richtlinie fallen. Sind sie in einem Hochrisikosektor tätig, verringern sich die Kriterien auf 250 Angestellte und 40 Millionen Euro Jahresumsatz, von dem die Hälfte direkt in Hochrisikosektoren erwirtschaftet wird. 

Demgegenüber fordert das Parlament eine deutlich strengere Handhabe. Schon ab 250 Beschäftigten und einem Jahresumsatz von 40 Millionen Euro soll die Richtlinie greifen. In Bezug auf Firmen mit Sitz in einem Drittstaat, die in der EU tätig sind, orientieren sich die Ko-Legislatoren übereinstimmend an einem Jahresumsatz von 150 Millionen Euro, von denen 40 Millionen Euro in der EU erwirtschaftet werden. 

Richtlinie soll gestaffelt umgesetzt werden 

EP und Rat stimmen darin überein, dass die CSDDD nach Unternehmensgröße gestaffelt in Kraft treten soll. Für Markteilnehmer mit mindestens 1000 Angestellten und 300 Millionen Euro Jahresumsatz bzw. nicht-europäische Unternehmen mit mindestens 300 Millionen Euro Jahresumsatz in der EU soll es eine dreijährige Übergangsphase geben. 

Für Unternehmen mit mindestens 500 Beschäftigten und einem Jahresumsatz von 150 Millionen Euro bzw. nicht-europäische Unternehmen mit mindestens 150 Millionen Euro Jahresumsatz im Binnenraum beträgt die Frist zur Umsetzung vier Jahre. 

Mit 250 Mitarbeiter/-innen sowie einem Jahresumsatz von 40 Millionen Euro (20 Millionen Euro davon im Hochrisiko-Bereich) bzw. außereuropäischen Firmen mit 40 Millionen Euro (20 Millionen Euro davon im Hochrisiko-Bereich) Wertschöpfung in der EU haben nach dem Vorschlag des Rats fünf Jahre Zeit. Nach dem EP sollen die Vorgaben der Richtlinie für diese Unternehmen (ohne Bezugnahme auf Hochrisiko-Bereiche) dagegen ebenfalls vier Jahre nach Inkrafttreten wirksam werden, es sei denn, dass der Jahresumsatz 150 Millionen Euro nicht übersteigt. In diesem Fall können sie für eine erstmalige Anwendung fünf Jahre nach Inkrafttreten der Richtlinie optieren. 

Trilog-Verhandlungen stehen kurz vor Beginn 

Das EP wird den Berichtsentwurf JURIs im Mai 2023 annehmen. Die inter-institutionellen Trilog-Verhandlungen zwischen EP und Rat könnten somit diesen Sommer beginnen.  

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