Der GDV-Wesentlichkeitsnavigator 2025 – Orientierung für die Nachhaltigkeitsberichterstattung
Wie berichten Versicherer über Nachhaltigkeit und welche Themen werden als wesentlich eingestuft? Diese Fragen beantwortet der GDV-Wesentlichkeitsnavigator 2025. Experten/-innen aus Versicherungswirtschaft, Wirtschaftsprüfung und Standardsetzung erwarten auch in Zukunft umfangreiche Berichte und die Vertiefung „wesentlicher“ Themen wie Klimawandel.
Nachhaltigkeitsberichterstattung ist nichts für Feiglinge. Komplexe und unsichere Regelungen machen Praktiker/-innen in den Unternehmen das Leben schwer. Wie die Versicherer mit diesen Herausforderungen umgehen und über welche Nachhaltigkeitsthemen sie berichten, untersuchte der GDV im Rahmen der jährlichen branchenweiten Nachhaltigkeitsumfrage 2025. Mit 218 teilnehmenden Unternehmen und 79 Prozent Marktanteil gemessen an den Bruttobeitragseinnahmen liefert die Umfrage eine breite Datengrundlage.
Versicherer kommen mit CSRD-Anforderungen besser zurecht als im Vorjahr
Insgesamt zeigt sich ein klarer Trend: Die Versicherer kommen mit den CSRD-Anforderungen zunehmend besser zurecht und bewerten ihre Umsetzbarkeit deutlich positiver als im Vorjahr. Die Mehrheit der berichtspflichtigen Unternehmen (sogenannte 1. Welle) gibt an, gut auf die geänderten Anforderungen gemäß der EU-Omnibus-Vorschläge vorbereitet zu sein. Bei dem Blick auf die einzelnen CSRD-Vorgaben ergibt sich dennoch ein differenziertes Bild. Nach wie vor stellt die Berichterstattung entlang der Wertschöpfungskette die größte Herausforderung dar – 56 Prozent der antwortenden Unternehmen bewerten diese Anforderung als „herausfordernd“. Auch der zeitliche Gleichlauf mit der Finanzberichterstattung (38 Prozent) sowie die technische Umsetzung im einheitlichen elektronischen Berichtsformat einschließlich „Tagging“ (37 Prozent) werden als anspruchsvoll eingeschätzt. Die Durchführung der Wesentlichkeitsanalyse wird mittlerweile von 59 Prozent der Unternehmen als gut erfüllbar eingeschätzt.
90 Prozent der Versicherer haben eine Wesentlichkeitsanalyse nach CSRD/ESRS durchgeführt
Die berichtspflichtigen Versicherer, das sind 90 Prozent des Marktes, haben bereits Wesentlichkeitsanalysen nach oder in Anlehnung an CSRD/ESRS durchgeführt und der GDV hat ihre Ergebnisse ausgewertet. Der GDV-Wesentlichkeitsnavigator zeigt, welche Nachhaltigkeitsthemen die Branche in ihren unternehmensindividuellen Analysen als wesentlich einstuft und wie sich diese Einschätzungen auf die verschiedenen Geschäftsbereiche – Versicherungsgeschäft, Kapitalanlage und eigene Geschäftsprozesse – verteilen.
Klimawandel, Arbeitskräfte und Unternehmenspolitik bleiben wesentliche Nachhaltigkeitsthemen
Nahezu alle teilnehmenden Versicherer stufen den Standard ESRS E1 „Klimawandel“ als wesentlich ein – und zwar über alle drei Geschäftsbereiche hinweg. Der Klimawandel bleibt damit das zentrale Nachhaltigkeitsthema für die Branche. Ebenso zentral ist der Standard S1 „Arbeitskräfte des Unternehmens“, der von 95 Prozent der Unternehmen für die eigenen Geschäftsprozesse als wesentlich bewertet wird. Rund ein Drittel hält ihn auch für Kapitalanlagen und das Versicherungsgeschäft für relevant. Einig sind sich die Versicherer schließlich über die hohe Relevanz der Themen „Verbraucher und Endnutzer (S4)“ für das Versicherungsgeschäft (95 Prozent) und „Unternehmensführung (G1)“ für die eigenen Geschäftsprozesse (94 Prozent). Die Unternehmensführung ist zudem wesentlich für die Kapitalanlagen (76 Prozent) und für das Versicherungsgeschäft (61 Prozent). Ein ähnliches Bild zeigt sich auch in der Realwirtschaft: E1, S1 und G1 dominieren dort ebenso die Wesentlichkeitsanalysen.
Expertendiskussion: Berichte bleiben trotz regulatorischen Vereinfachungen umfangreich
In einer Panel-Diskussion anlässlich der Vorstellung des Wesentlichkeitsnavigators haben Dr. Kati Beiersdorf (Technische Direktorin des DRSC und Mitglied der EFRAG SR TEG), Susanne Visbeck (Head of Sustainability Reporting bei Munich Re) sowie Prof. Dr. Bernd Stibi (Technical Director Financial & Sustainability Reporting beim IDW) die Ergebnisse des GDV-Wesentlichkeitsnavigators 2025 diskutiert. Laut den Expertinnen und Experten sollte die Wesentlichkeitsanalyse ein dynamisches Instrument bleiben, das sich an den tatsächlichen Informationsbedürfnissen der Stakeholder orientiert. Dabei sollte auch eine Reduzierung der als wesentlich erachteten Standards möglich sein. In den kommenden Jahren, so die Erwartung, würden die Unternehmen die wesentlichen Themen weiter vertiefen. Die Experten/-innen waren sich einig, dass die Berichte umfangreich bleiben werden: Die CSRD-Berichte für das Geschäftsjahr 2025 umfassen im Schnitt 120 bis 150 Seiten und die Unternehmen müssen weiterhin zu allen Standards Stellung nehmen und zahlreiche technische sowie formale Anforderungen erfüllen. Spannend ist nun, welche Kennzahlen und Inhalte von den Nutzenden der CSRD-Berichte tatsächlich nachgefragt werden.