Wie Österreich Naturgefahren sichtbar macht
Mit HORA verfügt Österreich über ein zentrales Naturgefahrenportal mit Daten zur aktuellen Wetterlage, zum individuellen Risiko und zur Eigenvorsorge. Über ein Erfolgsmodell, das Klimaanpassung einfach macht und von dem Deutschland lernen kann.
Was in Deutschland kaum jemand kennt, ist im Nachbarland Österreich eine „Berühmtheit“. Das sagt zumindest Dr. Thomas Hlatky, Leiter Rückversicherung bei der Grazer Wechselseitigen Versicherung AG. Er meint damit HORA, das gemeinsame Naturgefahrenportal von Versicherungswirtschaft und Bundesregierung, für das Hlatky als Projektleiter fungiert. Seit 18 Jahren bündelt HORA – Natural Hazard Overview & Risk Assessment Austria – alle Informationen zum Schutz vor Naturgefahren auf einen Klick. Damit ist das Tool ein zentrales, grundsätzliches Informationsportal und zugleich ein tagesaktueller Vorwarn- und Warndienst, zum Teil in Echtzeit.
Österreich ist Deutschland um Jahrzehnte voraus
Österreich verfügt damit seit 18 Jahren über etwas, was in Deutschland noch aufgebaut werden muss. Der Bundestag hatte mit einem entsprechenden Gesetz erst 2024 den Weg freigemacht für ein bundesweites Naturgefahrenportal, das künftig beim Deutschen Wetterdienst angesiedelt sein soll. Damit erfüllt die Politik eine wichtige Forderung der Versicherungswirtschaft, die sich schon lange für ein Portal ausgesprochen hat, wo alle verfügbaren Daten aus Bund und Ländern gebündelt sind – als wichtiges Instrument für Eigenvorsorge und Prävention. „Alle Informationen über Naturgefahren müssen leicht verständlich und intuitiv zu finden sein, damit Nutzer schnell ihre individuelle Gefährdung durch Naturgefahren ermitteln können“, betont Anja Käfer-Rohrbach, stellvertretende Hauptgeschäftsführerin des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft.
So wie bei HORA, wo sich viele Daten und Bilder zu einer digitalen Risikolandkarte fügen. Für jeden geografischen Punkt Österreichs sind auf diese Weise die drohenden Naturgefahren ersichtlich. HORA zeigt das Risiko von Hochwasser, Sturm, Blitz, Hagel, Schnee, Erdbeben und Erdrutschen. Wer seine Adresse in das Tool eingibt, erhält eine Übersicht seiner Risiken – jeweils in den Klassen von gering bis hoch. Zudem gibt es bei entsprechender starker Gefährdung die Empfehlung, in diesen Regionen nicht zu bauen. Per Klick einsehbar sind zudem die aktuellen Wasserstandsdaten von 250 Pegelstationen, tagesaktuelle Windparameter und Erdbebendaten sowie die Unwetterwarnungen des staatlichen Wetterdienstes.
Die Bilder von HORA machen die Risikoeinschätzung anschaulich. Via 3-D-Simulation sind Überschwemmungen des eigenen Gebäudes erlebbar – mit unterschiedlichen Wassermengen. Eine Zeitleiste zeigt an, wie viel Zeit im Realfall bis zum Hochwasser bliebe. Künftig sollen auch Hagel und Sturm auf diese Weise dargestellt werden. „Sie können dann direkt erleben, was ein vier Zentimeter großes Hagelkorn an Ihrer Fassade anrichtet“, sagt Thomas Hlatky. Wie in einem Videospiel lassen sich auch Schutzwälle aus Sandsäcken ums eigene Heim bauen – und so ersehen, dass Sandsäcke allein nicht vor Überschwemmung schützen. Deshalb gibt es Tipps für einen angemessenen baulichen Schutz.
HORA bietet auch einen Risiko-Pass für Gebäude
Millionenfach greifen Menschen in Österreich auf HORA zu. Für Privatpersonen bietet das Tool kostenfrei den HORA-Pass. Mit diesem ist, ähnlich dem Energieausweis fürs Haus, auf einen Blick ersichtlich, welchen Risiken ein Gebäude ausgesetzt ist. Auch Fachleute aus Bau oder Versicherungswirtschaft nutzen HORA für die Risikoeinschätzung. Selbst für den Rettungsdienst Österreichs ist HORA inzwischen unverzichtbar. „Die Einsatzkräfte planen mit unseren Modellierungen ihre Rettungswege“, so Hlatky, „das spart im Ernstfall viel Zeit.“
Das Erfolgsmodell lebt von seinen Updates. Neben weiteren 3-D-Visualisierungen für Naturgefahren wollen Versicherungswirtschaft und Bundesregierung auch den Präventionsanteil erweitern. Hlatky: „Wir wollen die Menschen mit dem Risiko nicht allein lassen.“
Text: Katharina Fial