Versicherungswirtschaft von Klimafolgeschäden besonders betroffen
Die Sektoren Gesundheit, Landwirtschaft und Versicherungen sind besonders stark von volkswirtschaftlichen Klimafolgeschäden betroffen. Ein Lichtblick: Klimafolgenanpassung kann bis zu 600 Mrd. Euro an Schäden vermeiden. Das zeigt eine neue Untersuchung.

Eine aktuelle Studie der Gesellschaft für Wirtschaftliche Strukturforschung (GWS) schätzt, dass der Klimawandel in Deutschland von 2025 bis 2050 volkswirtschaftliche Schäden von rund 690 Mrd. Euro verursachen könnte. Besonders stark betroffen sind die Sektoren Gesundheit, Landwirtschaft und Versicherungswirtschaft. Klimafolgenanpassung hat ein großes ökonomisches Potenzial, kann aber Klimafolgeschäden nicht vollkommen vermeiden.
Studie modelliert steigende Klimafolgeschäden
Die Berechnung basiert auf dem ökonomischen Modell INFORGE und nutzt unter anderem Daten des GDV und des Deutschen Wetterdienstes (DWD). Als Basis für die Berechnung der volkswirtschaftlichen Kosten des Klimawandels dienen historische Durchschnittswerte von Klimafolgeschäden. So sind die durchschnittlichen Schäden von 4 Mrd. Euro in der Periode von 2000-2014 auf 10,3 Mrd. Euro in der Zeit von 2015-2024 angestiegen. Das ergibt eine Steigerung der jährlichen durchschnittlichen Schäden in einem Jahrzehnt um 6,3 Mrd. Euro. Im nächsten Schritt wird der Anstieg der jährlichen Schäden stufenartig fortgeschrieben. Dieser sogenannte „Treppenverlauf“ spiegelt die wachsende Intensität und Häufigkeit extremer Wetterereignisse wider. Die Autor/-innen weisen darauf hin, dass die Schäden ohne effektiven Klimaschutz und Klimafolgenanpassung stärker ansteigen können.
Stärkere und häufigere Extremwetterereignisse treiben Kosten
Die Studie berücksichtigt folgende Extremwetterereignisse, die durch den Klimawandel stärker und häufiger auftreten:
- Hitzetage (Zahl der Tage, an denen in mindestens einer Wetterstation in Deutschland mehr als 35 °C gemessen wurden)
- Jahresmittel der Lufttemperatur in Deutschland (welches im Jahr 2024 bei 10,9 °C lag)
- Starkregenereignisse (Anzahl der Tage, an denen an mindestens einer Wetterstation in Deutschland eine Niederschlagsmenge von 40 Liter pro Quadratmeter oder mehr gemessen wurde)
- Trockenheit (Tage mit einer geringen Bodenfeuchte, nutzbare Feldkapazität kleiner als 30 Prozent)
Gesundheit, Landwirtschaft und Versicherungssektor besonders betroffen
Die Ergebnisse der Modellierung zeigen, dass die Sektoren Gesundheit, Landwirtschaft und Versicherungen besonders betroffen sind. Die stärksten wirtschaftlichen Auswirkungen bekommt der Sektor Gesundheit mit einem Verlust von 240 Mrd. Euro bis 2050 zu spüren. Die wesentlichen Treiber sind hitzebedingte Produktivitätsverluste, Krankheitswellen und Allergien. Auch in der Landwirtschaft führen zunehmende Ernteausfälle und steigende Importpreise zu einem Anstieg der Kosten um ca. 160 Mrd. Euro bis 2050.
Kosten im Versicherungssektor betragen 230 Mrd. Euro bis 2050
Die Ergebnisse zeigen auch, dass der Versicherungssektor besonders betroffen ist: „Höhere Versicherungsprämien, Rückstellungen und Rücklagen verursachen einen kumulierten ökonomischen Schaden bis 2050 in Höhe von 230 Mrd. Euro. Im Jahr 2050 fällt das preisbereinigte BIP um 0,5 % niedriger aus. Die Zahl der Arbeitsplätze würde um gut 50.000 sinken.“ Durch die zunehmenden Schäden steigen die Abschreibungen in der Versicherungswirtschaft von 2025 bis 2050 um bis zu 60 Prozent. Auch die Abschreibungsraten für Grundstücke und Immobilien würden um 3 Prozent steigen, was einer Verkürzung der Lebensdauer von Gebäuden um etwa zwei Jahre entspricht. Auch Unternehmen erhöhen ihre Abschreibungen leicht, um auf häufigere Schäden vorbereitet zu sein. Darüber hinaus bilden private Haushalte Rücklagen in Höhe von insgesamt fast 40 Mrd. Euro, um mögliche Gebäudeschäden auffangen zu können. Volkswirtschaftlich betrachtet werden die finanziellen Mittel, die für Abschreibungen und Rückstellungen aufgewendet werden, dem Wirtschaftskreislauf entzogen. Diese finanziellen Mittel stehen weder für Konsum noch für Investitionen zur Verfügung und kosten somit Wohlstand.
Lichtblick: Klimafolgenanpassung hat großes Potenzial
Ein Lichtblick der Studie ist das Potenzial von Anpassungsmaßnahmen an den Klimawandel. Diese könnten im Zeitraum von 2025 bis 2050 zu einem realen BIP-Zuwachs von rund 600 Mrd. Euro führen. Die Nettoverluste durch Klimaschäden könnten so auf 90 Mrd. Euro begrenzt werden. Abschließend stellen die Autor/-innen klar: „Ohne Klimaschutz würden die unvermeidbaren Folgen des Klimawandels zukünftig deutlich stärker ausfallen und die Anpassungen nicht ausreichen. Zudem sind die Möglichkeiten der Anpassung endlich.“ Demnach kann nur eine Kombination aus effektivem Klimaschutz und flächendeckender Klimafolgenanpassung den Wohlstand in Deutschland langfristig sichern.