Regulierung im digitalen Raum und Innovationen im Versicherungssektor
Politiker, Branchenvertreter und Digitalexperten diskutierten über das sich schnell entwickelnde digitale Umfeld und Auswirkungen auf den Versicherungssektor.

Die Diskussionsteilnehmer erörterten drei wichtige Themen des Digital Omnibus: Daten, Cybersicherheit und künstliche Intelligenz. Auf der Bühne: Florian Wimber, GDV, Diana Vlad- Câlcic, Teamleiterin in der GD Connect, Europäische Kommission, Anna Martin, Leiterin des Bereichs Finanzdienstleistungen bei der Europäischen Verbraucherorganisation, und Dr. Philipp Raether, Chief Privacy & AI Trust Officer bei der Allianz SE (von links nach rechts).
Europa steht an einem Wendepunkt. Die digitale Transformation bietet enorme Chancen für Innovationen, nicht zuletzt durch den Aufstieg der künstlichen Intelligenz (KI). Gleichzeitig wird der regulatorische Rahmen zunehmend komplexer und fragmentierter. Wie können Politik, Wirtschaft und Gesellschaft diesen Spagat meistern, ohne die Wettbewerbsfähigkeit Europas zu gefährden?
In den vergangenen zehn Jahren hat die Europäische Union eine Vielzahl von digitalen Gesetzen verabschiedet. Die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO), der Cyber Resilience Act und der AI Act zählen zu den zentralen Bausteinen dieses Konstrukts. Diese horizontalen Regelungen ergänzen bestehende branchenspezifische Vorschriften im Finanz- und Versicherungssektor. Ihr erklärtes Ziel: Verbraucher schützen und zugleich Innovationen zu fördern.
Doch genau diese komplexe Rechtslandschaft wirft neue Herausforderungen auf. Experten warnen vor einer zunehmenden Zersplitterung der Regulierung, die es europäischen Unternehmen erschweren könnte, mit internationalen Tech-Giganten außerhalb der EU zu konkurrieren. Vor allem in hochregulierten Sektoren wie den Finanzdienstleistungen wächst daher die Forderung nach einer ausgewogeneren Balance zwischen notwendiger Aufsicht und pragmatischer Vereinfachung.
Vor diesem Hintergrund lud das Brüsseler Büro des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) am 15. Juli zum Dialog ein. Unter dem Titel „Insurance in the Digital Age: Balancing Simplification and Oversight“ diskutierten führende Köpfe aus Politik, Wirtschaft und Verbraucherschutz über die aktuellen Herausforderungen und Perspektiven der digitalen Regulierung im Versicherungssektor.
Das Podium setzte sich zusammen aus Dr. Philipp Raether, Chief Privacy & AI Trust Officer bei Allianz SE, Diana Vlad-Câlcic, Teamleiterin bei DG Connect der Europäischen Kommission, sowie Anna Martin, Leiterin Finanzdienstleistungen bei der Europäischen Verbraucherorganisation. Moderiert wurde die Gesprächsrunde von Florian Wimber vom GDV.
Im Zentrum der Diskussion standen drei Kernthemen des digitalen Omnibus-Gesetzespaket: Datenschutz, Cybersicherheit und der Umgang mit künstlicher Intelligenz. Einig waren sich alle Teilnehmer darin, dass es dringend einer klaren und kohärenten Regulierung bedarf. Verbraucherschutz müsse oberste Priorität haben, doch dürfe er nicht zum Hemmschuh für technologische Innovationen werden.
Die DSGVO wurde von den Diskussionsteilnehmern als ein wichtiger Schritt gewürdigt, um Vertrauen bei Verbrauchern und Beschäftigten zu schaffen, insbesondere im Umgang mit sensiblen Daten wie Gesundheits- oder Finanzinformationen. Zugleich wurde deutlich, dass die Regulierungsumfeld immer komplizierter geworden sei. Überlappende Regeln und aufwändige Verfahren, wie verbindliche unternehmensinterne Regelungen für internationale Datenübermittlungen, erschweren den Alltag vieler Unternehmen.
Daraus ergibt sich eine klare Forderung: Mehr Klarheit und Vereinfachung der Regeln sind notwendig. Eine umfassende Deregulierung lehnten die Teilnehmer jedoch ab. Vielmehr müsse Innovation möglich bleiben, ohne fundamentale Rechte und Datenschutzprinzipien aufs Spiel zu setzen.
Ein weiterer Schwerpunkt lag auf den Möglichkeiten und Risiken, die künstliche Intelligenz und Big Data für das Schadenmanagement bieten. KI könne Prozesse, die bisher zeit- und ressourcenintensiv waren, erheblich beschleunigen. Gleichzeitig bestünden ernstzunehmende Risiken, etwa die Gefahr von Verzerrungen oder Diskriminierung durch algorithmische Entscheidungen.
Hier spaltete sich die Meinung: Einige sahen Regulierung als potenziellen Innovationshemmer. Andere wiederum betonten, dass klare und fundierte Regeln der Technologie den Weg weisen könnten, um verbraucherzentrierte und verantwortungsvolle Innovationen zu fördern.
Am Ende standen alle Beteiligten hinter einem ausgewogenen Ansatz: Die digitale Transformation müsse von einem Rahmen begleitet werden, der unnötige rechtliche Komplexität abbaut, die Durchsetzung auf EU-Ebene vereinheitlicht und so dafür sorgt, dass Digitalisierung und Innovation zum Nutzen von Unternehmen und Verbrauchern voranschreiten.
Der GDV dankt den Referenten für ihre offenen und fachkundigen Beiträge. Ihre differenzierten Ansichten haben eine wichtige und konstruktive Debatte über die Zukunft der digitalen Regulierung und Innovation im Versicherungssektor angestoßen.