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Transformation

Transformation: Verschärfter Emissionshandel und neue Gesetze zur Zukunftsfinanzierung, Gebäudeenergie und Energieeffizienz

Als Investoren tragen Versicherer einerseits zur Energiewende bei, andererseits ändert der verschärfte Emissionshandel die Rahmenbedingungen für ihre Investitionsobjekte. In ihren eigenen Geschäftsprozessen verbrauchen Versicherer ebenfalls Strom, zumal in ihren Rechenzentren. Versicherer sind daher von den aktuellen Entwicklungen betroffen.

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© Unsplash/Dan Meyers

Das europäische Handelssystem beschränkt schon heute den Umfang der zulässigen Emissionen für Industrie und Kraftwerke. Entsprechende Zertifikate werden an der Zertifikat-Börse derzeit zwischen 80 und 100 Euro gehandelt. Alljährlich werden die ausgegebenen Zertifikate und damit die zulässigen Emissionen reduziert. Dieser Marktmechanismus erhöht gleichzeitig die Preise für Emittenten und schafft Anreize, Energie zu sparen und in klimafreundliche Technologie zu investieren. Der Ministerrat und das EU-Parlament haben nun der Reform des Handelssystems zugestimmt: Die jährlichen Reduktionen werden beschleunigt, um bis 2030 das Ziel von 55 Prozent weniger CO2 im Vergleich zu 1990 zu erreichen. Auch werden schrittweise weniger Freizertifikate ausgegeben. Mit Freizertifikaten sollten die EU-Produkte gegenüber Gütern aus Ländern ohne CO2-Preis international konkurrenzfähig bleiben. Stattdessen wird nun schrittweise ein CO2-Zoll an den EU-Außengrenzen eingeführt, um für gleiche Wettbewerbsbedingungen zu sorgen und Emissionen nicht lediglich zu verlagern. Der GDV hält die adäquate Bepreisung von CO2 für eines der wichtigsten Mittel, um die nachhaltige Transformation voranzutreiben. In ihren Portfolios müssen die Versicherer nun sicherlich die Transitionsrisiken neu bewerten: immerhin betrugen die Emissionen aus Aktien und börsengehandelten Anleihen im Jahr 2021 22 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente.

Neuer Emissionshandel für Verkehr und Gebäude

Zusätzlich wird ein europäisches Emissionshandelssystem für Verkehr und Gebäude geschaffen, in dem die Lieferanten von Brenn- und Treibstoffen künftig zum Kauf der Zertifikate verpflichtet werden. Sie werden diese Kosten an die Endverbrauchenden weitergeben. In den ersten Jahren soll der Preis nicht über 45 Euro liegen. Jährlich sinkt die Anzahl der vergebenen Zertifikate um mehr als fünf Prozent. In Deutschland gibt es zwar für Verkehr und Gebäude bereits einen Emissionshandel – jedoch zu einem gesetzlich festgelegten Preis und ohne Gesamtbegrenzung oder Abschmelzung der Emissionen. Sollte der fossile Energieverbrauch in diesen Sektoren nicht rasch sinken, wird der Zertifikathandel das Tanken und Heizen erheblich verteuern.

Vorgaben für Deutschland sollen Energiewende voranbringen

Dem Preisanstieg sollen drei Gesetze in Deutschland entgegenwirken:

Der Ausbau Erneuerbarer Energien soll mit dem Zukunftsfinanzierungsgesetz vorangebracht werden. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) und das Bundesministerium der Justiz (BMJ) haben am 12. April 2023 den Referentenentwurf veröffentlicht. Dem Entwurf zufolge sollen Immobilienfonds unbebaute Grundstücke erwerben dürfen, die für Anlagen zur Erzeugung, zum Transport und zur Speicherung von Strom, Gas oder Wärme aus erneuerbaren Energien bestimmt und geeignet sind. Zudem können die Fonds dann auch Aufdachanlagen und Ladestationen erwerben und betreiben. Auch offenen Infrastrukturfonds soll es gestattet werden, Anlagen zur Erzeugung, zum Transport oder zur Speicherung von Strom, Gas oder Wärme aus erneuerbaren Energien direkt zu halten. Versicherer als große institutionelle Investoren könnten dann über Fonds weitere Maßnahmen der Energiewende und der klimagerechten Transformation finanzieren. Derzeit sind sie bereits über direkte Investitionen in mehr als 1600 Projekte europaweit investiert und haben damit 20,4 Mrd. kWh Energie erzeugt.

Die Emissionen im Gebäudesektor sollen durch die am 19. April im Kabinett beschlossene Novelle des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) sinken (Entwurf und FAQ hier). Ab dem 1. Januar 2024 soll möglichst jede neu eingebaute Heizung zu 65 Prozent mit Erneuerbaren Energien betrieben werden. Bestehende Heizungen können weiter betrieben sowie repariert werden, wenn sie kaputt gehen. In bestehenden Gebäuden können auch weiterhin Gasheizungen eingebaut werden, wenn sie mit 65 Prozent grünen Gasen oder in Kombination mit einer Wärmepumpe betrieben werden. Der GDV hatte im Vorfeld zum Entwurf Stellung genommen und die Technologieoffenheit begrüßt. Allerdings weist er auf Lieferschwierigkeiten und den Fachkräftemangel hin, die durch die kurzfristige Umsetzung weiter forciert werden. Auch werden die neuen Anforderungen den Bau neuen Wohnraums teurer machen.

Schließlich sollen Unternehmen künftig energieeffizienter arbeiten – so sieht es der ebenfalls am 19. April im Kabinett verabschiedete Entwurf des Energieeffizienzgesetzes vor. Die Nachhaltigkeitspositionierung der Versicherer hat sich für das Jahr 2025 ein Net-Zero-Ziel für Emissionen aus selbst erzeugter und eingekaufter Energie gesetzt. Im Jahr 2021 hatten die Versicherer ihren Stromverbrauch bereits um knapp fünf Prozent gegenüber dem Vorjahr reduziert.

Das neue Gesetz überführt die EU-Energieeffizienzrichtlinie in deutsches Recht und legt für die Jahre 2030, 2040 und 2045 Reduktionsziele für den Primär- und Endenergieverbrauch fest. Es schlägt unter anderem folgende Maßnahmen vor, die auch für Versicherer gelten würden:

  • Unternehmen mit einem Jahresenergieverbrauch von mehr als 15 GWh müssen Energie- oder Umweltmanagementsysteme einführen. Wirtschaftliche Energieeffizienzmaßnahmen müssen sie in konkreten Plänen erfassen und veröffentlichen.
  • Unternehmen mit einem jährlichen Gesamtendenergieverbrauch von mehr als 2,5 GWh sind verpflichtet, spätestens binnen drei Jahren konkrete, durchführbare Umsetzungspläne zu erstellen und zu veröffentlichen.
  • Neu gebaute Rechenzentren werden zur Einhaltung von Energieeffizienzstandards, einer minimalen Temperatur für die Luftkühlung sowie zur Abwärmenutzung verpflichtet. Bestandsanlagen sollen auf effizienten Stromeinsatz achten. Rechenzentren und Betreiber von Informationstechnik müssen Energie- oder Umweltmanagementsysteme einführen.
  • Für klimaneutrale Unternehmen soll es per Rechtsverordnung Ausnahmen geben.