ESAs sehen hohen Reformbedarf bei SFDR
Die drei europäischen Aufsichtsbehörden (ESAs) legen auf eigene Initiative hin gemeinsame Vorschläge zur Überarbeitung der SFDR vor. Insgesamt soll die Offenlegung aus Sicht der ESAs einfacher, digitaler und stärker nutzerorientiert werden.
Wie kann privates Kapital für nachhaltige Investitionen mobilisiert werden? Die politische Antwort aus Brüssel konzentrierte sich in den vergangenen Jahren auf Markttransparenz – und zwar über Nachhaltigkeitsaspekte. Im Jahr 2019 wurde mit der Offenlegungsverordnung (SFDR) der erste Baustein mehrerer Sustainable Finance Regulierungen verabschiedet. Fünf Jahre später steht nun die gesetzlich festgeschriebene Überarbeitung der SFDR an. Bereits Ende 2023 hatte die EU-Kommission eine Konsultation durchgeführt, an der sich auch der GDV beteiligt hatte. Die Ergebnisse zeigten durchaus Verbesserungsbedarf an. Beispielsweise stuft eine große Mehrheit von 84 Prozent der Stakeholder die geforderten Informationen als nicht nützlich genug für Investoren ein.
Mitte Juni haben nun die drei europäischen Aufsichtsbehörden (ESAs; European Supervisory Authorities - bestehend aus EBA, EIOPA and ESMA) auf eigene Initiative hin einen gemeinsamen Bericht zur Überarbeitung der Offenlegungsverordnung (SFDR) veröffentlicht. Der Bericht wendet sich an die EU-Kommission und enthält eine ganze Reihe von Reformvorschlägen.
Zwei Produktkategorien für Finanzprodukte empfohlen
So schlagen die ESA zwei Produktkategorien vor, die klare Mindestkriterien aufweisen und für Verbraucher einfach zu verstehen sein sollen. Unter die Kategorie „Nachhaltige Produkte“ sollen Produkte fallen, die einen bestimmten Mindestanteil in ökologisch und sozial nachhaltige Tätigkeiten investieren. Für Versicherungsprodukte soll eine Methode zur Einstufung der Nachhaltigkeit von Staatsanleihen entwickelt werden.
Unter die Kategorie „Transitionsprodukte“ sollen Produkte fallen, die noch nicht ökologisch nachhaltig sind, sich aber auf dem Weg dorthin befinden. Aus Sicht der EBAs könnte der Transitionsfortschritt anhand von Screening-Kriterien der Taxonomie, Transitionsplänen oder Dekarbonisierungszielen gemessen werden. Als Unterkategorie der Transitionsprodukte wäre zudem ein Impact-Produkt möglich.
Für alle anderen Produkte, die nicht unter eine der beiden Kategorien fallen, können sich die EBAs eine Art ‚Warnhinweis‘ vergleichbar mit Artikel 7 der Taxonomie-Verordnung vorstellen.
Ein Nachhaltigkeitsindikator für alle Produkte
Zusätzlich zu den Produktkategorien regen die ESA auch die Einführung eines Nachhaltigkeitsindikators für alle Produkte an. Dabei werden zwei Optionen vorgeschlagen: Entweder als zusätzlicher Indikator parallel zur Kategorie oder als Klassifizierung innerhalb der Kategorien. Außerdem schlagen die ESAs vor, den Begriff von nachhaltigen Investments im Sinne der Offenlegungsverordnung (Artikel 2 Nr. 17) zu präzisieren. Bisher hatte die Verordnung den Marktteilnehmern die Definition von nachhaltigen Investments selbst überlassen.
Informationen anders bereitstellen: einfach, digital und nutzerorientiert
Die ESAs sprechen sich auch für einfachere Informationen aus, die stärker an den Bedürfnissen der Anleger/-innen ausgerichtet und leichter elektronisch zugänglich sind. Außerdem sollte eine Reihe grundsätzlicher Kennzahlen standardmäßig für alle Finanzprodukte unabhängig von deren Nachhaltigkeitsambitionen veröffentlicht werden. Die ESAs wollen zudem doppelte Berichterstattung vermeiden. Informationen, die bereits durch die CSRD-Berichte veröffentlicht werden, sollten nicht zusätzlich über die SFDR verlangt werden sollen. Vor Änderungen der Dokumente sollen Verbrauchertests stattfinden.
Viele Reformvorschläge der ESAs gehen in die richtige Richtung
Insgesamt nehmen die ESAs viele Reformvorschläge der Finanz- und Versicherungswirtschaft auf. Beispielsweise hat auch der GDV in verschiedene Konsultationen einfachere Anlegerinformationen und die Präzisierung des Begriffs nachhaltiger Investments angeregt. Auch die Entwicklung einer Methode zur Einstufung von Staatsanleihen in puncto Nachhaltigkeit ist für die Versicherungsbranche wichtig, um nachhaltige Versicherungsanlageprodukte (insurance-based investement products; IBIP) breiter auszurollen. Der Anteil von Staatsanleihen an den gesamten Kapitalanlagen deutscher Erstversicherer betrug 2023 26 Prozent (ca. 400 Mrd. EUR). Noch ist unklar, ob diese Vorschläge der ESAs ausreichen, um IBIP in nachhaltige Produktkategorien einzustufen zu können. Das gilt insbesondere für IBIP, die teilweise im Sicherungsvermögen von Versicherern investiert sind.
Kombination aus Kategorien und Indikator zu komplex
Aus Sicht des GDV ist wichtig die Anlegerinformationen zu vereinfachen und dabei auf den bisherigen Offenlegungspflichten aufzubauen. Die bisher zu veröffentlichen Informationen durch neue Produktkategorien vollständig zu ersetzen, sieht der Verband daher kritisch. Des Weiteren ist der Mehrwert eines Nachhaltigkeitsindikators zusätzlich zu Produktkategorien nicht ersichtlich. In der Praxis könnte das Nebeneinander eines Nachhaltigkeitsindikators und von Produktkategorien die Komplexität unnötig erhöhen und das Ziel die Anlegerinformation zu vereinfachen konterkarieren. Allgemein empfiehlt der Verband ein sorgfältiges Vorgehen bei der Entwicklung und Einführung von Produktkategorien. Die angekündigten Verbrauchertests sind dafür ein wichtiger Baustein.
Das Vorschlagsrecht für europäischer Gesetzesentwürfe liegt bei der EU-Kommission. Wann die neue EU-Kommission die SFDR-Überarbeitung wieder aufnimmt und welche Vorschläge sie aufgreift, ist offen.