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Mobilität

Verkehrsgerichtstag 2022 - Themen, Positionen, Empfehlungen

Auf dem 60. Verkehrsgerichtstag vom 17. bis 19. August 2022 in Goslar diskutierten Experten über die Zukunft des Verkehrsrechts. Unser Schwerpunkt zeigt die Themen der Arbeitskreise – und einige Positionen der Versicherungswirtschaft dazu.

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© unsplash

Drei Tage diskutieren Verkehrsexperten in Goslar aktuelle Regelungen und Gesetze rund um das Thema Verkehrssicherheit.

Arbeitskreis I - Angemessene Rechtsfolgen im Ordnungswidrigkeitenrecht

Geldbußen und Fahrverbote sollen ein Fehlverhalten im Straßenverkehr angemessen sanktionieren und – zusammen mit dem Punktsystem – Einfluss auf das zukünftige Verhalten nehmen. In der Praxis wird meist um das Fahrverbot gestritten, was nicht nur die Betroffenen belastet, sondern Behörden und Gerichten viel Arbeit macht. Könnten diese Denkzettelfunktion auch oder sogar besser durch verkehrspsychologische Interventionsprogramme erreicht werden, sodass Fahrverbote nur hilfsweise auf Bewährung oder nur gegen Mehrfachtäter verhängt werden müssten?


Arbeitskreis II - Cannabis im Straßenverkehr – Strafrecht und Ordnungswidrigkeiten

Alkohol und Cannabis, beziehungsweise dessen Wirkstoff THC, unterscheiden sich grundlegend in den Auswirkungen auf die Fahrweise und das Unfallrisiko. Stand der Wissenschaft ist, dass sich hinsichtlich der Wirkung beziehungsweise des Verkehrsunfallrisikos Wirkstoffkonzentrationen entsprechend den zum Alkohol anerkannten „Grenzwerten“ wissenschaftlich nicht etablieren lassen. In diesem Zusammenhang stellt sich aus juristischer Sicht die Frage, ob im Verkehrsstrafrecht Cannabiskonsumenten gegenüber Alkoholkonsumenten privilegiert werden, da es keinen Grenzwert für absolute Fahruntüchtigkeit bezogen auf den Wirkstoff THC gibt. Brauchen wir einen Grenzwert der absoluten Fahrunsicherheit für THC?

Arbeitskreis III - Haftung für künstliche Intelligenz im Straßenverkehr (entfallen)

Arbeitskreis IV - Mehr Radverkehr mit mehr Verkehrssicherheit – wie schaffen wir das?

Bund, Länder und Kommunen haben sich ambitionierte Ziele zur Steigerung des Radverkehrs gesetzt. Radverkehrsunfälle verharren seit Jahren auf einem konstant hohen Niveau. Unter Berücksichtigung von aktuellen Erkenntnissen der Unfallforschung und der Forschung zum Radverkehrsmanagement sowie von Erfahrungen der konkreten Mobilitätsplanung will der Arbeitskreis Wege zur Verbesserung der Verkehrssicherheit erarbeiten. » Zur GDV-Position.

Arbeitskreis V - Reha-Management Schwerstverletzter nach Verkehrsunfällen

Wenn ein Schwerstverletzter nach einem Verkehrsunfall in ein Krankenhaus eingeliefert wird, kommt es nicht nur auf die optimale chirurgische Versorgung seiner inneren und äußeren Verletzungen, sondern auch darauf an, dass dieser Patient unmittelbar danach in eine Anschlussbehandlung überführt werden kann, die sogleich alle notwendigen Therapien einleitet und zu seiner optimalen Rehabilitation führt. In der Praxis stehen diesem Erfolg einige Hindernisse im Wege, die mit der rechtzeitigen Identifizierung solcher längerfristig behandlungsbedürftigen Patienten beginnen und über die Organisation der klinikübergreifenden Versorgung bis zu Finanzierungsfragen reichen. » Zur GDV-Position

Arbeitskreis VI - E-Scooter, Krankenfahrstühle, langsame Landmaschinen – ist unser Haftungsrecht noch zeitgemäß?

Halter von Kraftfahrzeugen sind nach § 7 StVG (Straßenverkehrsgesetz) zum Schadenersatz verpflichtet (sog. „Gefährdungshaftung“). Langsam fahrende Kfz bis 20 km/h Höchstgeschwindigkeit sind davon ausgenommen. Im Hinblick auf die Vielzahl der Kraftfahrzeuge, die in den vergangenen Jahren im Bereich geringer Höchstgeschwindigkeiten hinzugekommen sind (z.B. E-Scooter), wird unter differenzierter Betrachtung der Unfallrisiken und unter Berücksichtigung der sozialen Verantwortung für eigene Wagnisse zu diskutieren sein, inwieweit diese Entwicklungen einen Reformbedarf  auslösen.

Arbeitskreis VII - Beurteilung der Fahreignung durch das Strafgericht und die Fahrerlaubnisbehörde – zwei Seiten einer Medaille?

Sowohl das Strafgericht als auch die Fahrerlaubnisbehörde können wegen desselben Sachverhaltes die Fahrerlaubnis entziehen. Dabei wird den Strafgerichten grundsätzlich der Vorrang eingeräumt, um Doppelprüfungen und gegenläufige Entscheidungen unter den Kompetenzträgern zu vermeiden. Die damit bezweckte Homogenität in der Anwendungspraxis ist jedoch zu vermissen: Entzieht das Strafgericht die Fahrerlaubnis gemäß § 69 Abs. 1 StGB, erschöpft sich die Begründung der Anordnung – insbesondere im Bereich der Trunkenheitsdelikte – in dem schlichten Verweis auf die in § 69 Abs. 2 StGB normierte Regelvermutung der Fahrungeeignetheit. Die Gründe für die Anordnung (Feststellung charakterlicher, körperlicher und/oder geistiger Eignungsmangel?) verbleiben im Dunkeln.

In diesem Kontext ist zunächst zu hinterfragen, warum dem Strafgericht die erforderliche Sachkunde für die Entziehung der Fahrerlaubnis zugewiesen wird, die Fahrerlaubnisbehörde sich demgegenüber der sachverständigen Hilfe von Fachärzten und Psychologen bedient. Im Fokus des Arbeitskreises stehen somit Fragen wie nach den Maßstäben der strafgerichtlichen und behördlichen Fahreignungsbeurteilung, der dafür unerlässlichen Expertise, Möglichkeiten der Widerlegung der Regelvermutung der Fahrungeeignetheit und einer Stärkung der Bindungswirkung strafgerichtlicher Entscheidungen gegenüber der Fahrerlaubnisbehörde.

Arbeitskreis VIII - Durchsetzung der Sicherheits-, Umwelt- und Klimavorschriften in der Seeschifffahrt

Die internationale Rechtsentwicklung zur Abwehr von Gefahren für die Schiffssicherheit und die Meeresumwelt einschließlich des Klimaschutzes hat eine ganz erhebliche Dynamik entfaltet. Zur Durchsetzung dieser Vorschriften haben sich neben den Flaggenstaatkontrollen vor allem die Hafenstaatkontrollen, die durch eine europäische Richtlinie harmonisiert sind, als außerordentlich wichtige Säule des internationalen Kontrollsystems fest etabliert. Zusätzlich führen die Wasserschutzpolizeien Schiffskontrollen zur Durchsetzung von Meeresumwelt- und Gefahrenabwehrvorschriften durch. Ist dieses System den gestiegenen Anforderungen gewachsen? Wird in ausreichendem Umfang, sowohl im Hinblick auf die Anzahl als auch die Intensität kontrolliert? Stehen die Sanktionen von Verstößen wie Festhalteverfügungen oder Bußgeld- bzw. Strafverfahren in ausgewogenem Verhältnis? Erfolgt eine sinnvolle Abstimmung unter den zuständigen Behörden?

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