Ab ersten Juni werden Rechtsstreitigkeiten wieder erheblich teurer
Ab dem 1. Juni wird der Zugang zum Recht teurer – für viele womöglich zu teuer. Der Grund: Mit Inkrafttreten des Kosten- und Betreuervergütungsrechtsänderungsgesetzes 2025 werden unter anderem Rechtsanwalts- und Gerichtsgebühren angehoben. Dies hat Auswirkungen auf Verbraucher und auf die Rechtsschutzversicherer.

„Allein für die Rechtsschutzversicherer rechnen wir durch das neue Gesetz mit Mehrkosten von rund 250 Millionen Euro im Jahr,“ sagt Anja Käfer-Rohrbach, stellvertretende GDV-Hauptgeschäftsführerin. In den letzten fünf Jahren ist es bereits zu erheblichen Kostensteigerungen gekommen, unter anderem durch die Kostenrechtsnovelle 2021 mit der die Gebührensätze deutlich angehoben wurden. „Ohne Rechtsschutzversicherung kann ein Rechtsstreit damit zu einer erheblichen finanziellen Belastung werden,“ so Käfer-Rohrbach.
Rund 60 Prozent der Haushalte haben heute eine Rechtsschutzversicherung – sie federt die steigenden Kosten ab. Diejenigen, die diese Absicherung nicht haben, müssen die steigenden Kosten aus eigener Tasche bezahlen. Neben den steigenden Gebühren haben dabei auch die durch die Inflation angestiegenen Streitwerte großen Einfluss auf die Einkünfte von Anwälten.
Kostenentwicklung typischer Streitfälle von 2020 bis 2025
Streitfall | Streitwert 2020 in Euro | Streitwert 2025 in Euro | Ent. Streitwerte 2020–2025 | Kosten 2020 in Euro | Kosten 2025 in Euro | Ent. Kosten 2020–2025 |
Räumungsklage Eigenbedarf | 6.037 | 7.137 | 18% | 3.346 | 4.369 | 30% |
Kündigungsschutzklage und Zeugnis | 17.323 | 21.048 | 21% | 3.295 | 4.126 | 25% |
Ersteigerung einer gefälschten Armbanduhr | 2.752 | 3.349 | 22% | 1.747 | 2.499 | 43% |
Reisemängel im Urlaub | 2.446 | 2.977 | 22% | 1.747 | 2.031 | 16% |
Rückabwicklung Kaufvertrag eines defekten Neuwagens | 37.717 | 45.896 | 22% | 8.310 | 11.109 | 34% |
Hohe Kosten könnten Verbraucher von rechtlichen Schritten abhalten
Die Kosten eines Rechtsstreits sind für Verbraucher ohne Absicherung eine erhebliche Hürde. „Wenn die Kosten stetig steigen, wächst das Risiko, dass immer mehr Menschen auf die Durchsetzung ihres Rechtes verzichten,“ so Käfer-Rohrbach. Dies belegt unter anderem eine vom Bundesministerium der Justiz in Auftrag gegebene Untersuchung zur „Erforschung der Ursachen des Rückgangs der Eingangszahlen bei den Zivilgerichten“. Anwältinnen und Anwälte wurden unter anderem danach gefragt, warum Mandanten auf eine Klage verzichten. Fast 60 Prozent der Mandanten sehen demnach aus Kostengründen von einer Klage ab. 52 Prozent der Anwältinnen und Anwälte gaben an, wegen der hohen Kosten ihren Mandanten von einem Verfahren abzuraten.
Gebührenrecht sollte modernisiert werden
Digitalisierung und der Einsatz von KI verändern zunehmend die Arbeitsweise auch von Anwaltskanzleien. Das neue Gesetz verpasst es nun, diese Entwicklungen einzubeziehen und das Gebührenrecht ins 21. Jahrhundert zu führen. Das wäre im Sinne der Verbraucher, damit die Durchsetzung geltenden Rechts nicht irgendwann unerschwinglich wird. Sinnvoll wäre beispielsweise eine Einführung gebührenrechtlicher Regelungen für die industrielle Mandatsbearbeitung in Massenverfahren wie beim Diesel-Skandal. Die Kosteneinsparungen durch die industrielle Bearbeitung hoher Stückzahlen bei gleichgelagerten Fällen sollten berücksichtigt und an die Mandantinnen und Mandanten weitergegeben werden. Gleiches gilt für Tätigkeiten, die mit einem zunehmenden Einsatz von KI in der Mandatsbearbeitung vereinfacht und effektiver werden, sei es im Bereich Recherche, Sachverhaltsaufbereitung oder aber Schriftsatzerstellung.
Insgesamt bestanden 2024 in Deutschland rund 27,3 Millionen Rechtsschutzversicherungsverträge. Für diese erbrachten die Versicherer in 4,8 Millionen Rechtsschutzfällen über 3,8 Milliarden Euro an Leistungen. Rund vier Fünftel davon entfallen auf Anwaltshonorare.