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Politik

Fünf Maßnahmen, die die Lage der Frauen verbessern würden

Nicht nur in Deutschland, weltweit haben Frauen noch mit beruflichen und finanziellen Nachteilen zu kämpfen. Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) hat Vorschläge erarbeitet, um dies zu ändern.

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© Pexels/Andrea Piacquadio

Frauen haben es heutzutage immer noch schwerer als Männer, sich eine gute Alterssicherung aufzubauen. Die Gründe dafür sind vielfältig: Niedrigere Löhne spielen ebenso eine Rolle wie fehlende Kinderbetreuungsplätze, weshalb viele Mütter gezwungen sind, im Job kürzer zu treten. Der geringere Verdienst, der auch die Möglichkeiten zur privaten Altersvorsorge einschränkt, führt in Kombination mit Jobpausen oder Teilzeitarbeit bis zum Rentenalter zu einer gewaltigen Vorsorgelücke. Laut Zahlen des Statistischen Bundesamtes lagen 2020 die Alterseinkünfte der Frauen um 30 Prozent unter denen der Männer.

Die Politik kann und muss somit noch viel tun, um die Situation der Frauen zu verbessern. Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) hat bereits 2017 etliche Vorschläge entwickelt, die nichts an Aktualität eingebüßt haben und die auch in Deutschland einiges bewegen könnten.

1. Kinderbetreuung ausbauen

Mehr zu arbeiten ist für viele Mütter keine Frage des Wollens, sondern des Könnens. Denn oft finden sie keinen Krippen- oder Kindergartenplatz für ihren Nachwuchs, oder die Einrichtung schließt bereits so früh, dass sie keine Vollzeitstelle annehmen können. Das ist auch in Deutschland noch oft der Fall. Zwar gibt es seit 2013 einen Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz für Kinder ab einem Jahr. Seitdem hat sich die Situation verbessert. Doch der Bedarf ist noch immer nicht gedeckt – vor allem in den Großstädten. Ein größeres Angebot an Kindergartenplätzen würde es Frauen erleichtern, nach der Geburt des Kindes schnell in den Beruf zurückzukehren oder die Arbeitszeit nach Belieben aufzustocken.

Der Bedarf an externer Betreuung endet jedoch nicht, wenn das Kind den Kindergarten verlässt, sondern setzt sich in der Grundschule fort. Mehr Ganztagsschulen oder Hortplätze würden es Frauen ebenfalls erleichtern, ihre Arbeitszeit auszudehnen. Zwar kommt der Ausbau in Deutschland voran. So stieg laut einer Erhebung der Bertelsmann-Stiftung der Anteil der Schüler, die eine Ganztagsschule besuchen, seit 2002 von knapp 10 auf knapp 50 Prozent. Allerdings gibt es große regionale Unterschiede und der Bedarf ist deutlich größer. Laut Bertelsmann-Umfrage wünschen sich 70 Prozent der Familien einen Ganztagsschulplatz für ihr Kind.

Mit dem 2021 verabschiedeten Ganztagsförderungsgesetz soll sich die Lage bessern. Ab 2026 gilt schrittweise ein Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung im Grundschulalter – beginnend mit Kindern der ersten Klassenstufe. Ob die Bundesländer die gesteckten Ziele erreichen, muss sich allerdings erst noch zeigen. Zuletzt war die Betreuungsquote sogar leicht gesunken, weil der Ausbau nicht mit den steigenden Schülerzahlen – auch infolge der starken Zuwanderung – Schritt hielt.

2. Vereinbarkeit von Familie und Beruf verbessern

Die OECD setzt sich für ein umfassendes Rückkehrrecht von einer Teil- in eine Vollzeitbeschäftigung ein,  um insbesondere die berufliche und finanzielle Situation der Frauen zu verbessern. Schließlich sind zumeist sie es, die wegen der Betreuung von Familienangehörigen oder Kindern ihre Arbeitszeit reduzieren. Und schließlich ist Teilzeit leider häufig ein Karrierekiller.

Lange Zeit hatten Arbeitnehmer in Deutschland zwar einen gesetzlichen Anspruch darauf, ihre Arbeitszeit zu reduzieren. Ein Rückkehrrecht gab es jedoch nur bis zum Ende der gesetzlichen Elternzeit, darüber hinaus nicht. Erst 2009 änderte sich das mit Inkrafttreten des Brückenteilzeitgesetzes. Seitdem können Beschäftigte ihre Arbeitszeit für ein bis fünf Jahre verkürzen, um im Anschluss wieder voll zu arbeiten.

Perfekt ist die Situation aber nicht. Denn der Anspruch auf Brückenteilzeit gilt nur in Betrieben mit mehr als 45 Beschäftigten, bis 200 Mitarbeitende auch nur mit Einschränkungen. Das heißt: Millionen Frauen bleibt die Möglichkeit verwehrt, ihre Arbeitszeit flexibler zu gestalten, da sie in Kleinstbetrieben beschäftigt sind: im Einzelhandel, der Gastronomie und Hotellerie oder in Pflegeeinrichtungen. Für sie auch der Home-Office-Boom, der mit der Corona-Pandemie einsetzte, keine Entlastung, da ihr Beruf das nicht zulässt. 

3. Bessere Karriere- und Verdienstchancen für Frauen schaffen

Es ist eine ernüchternde Bilanz: Im OECD-Schnitt verdienen vollzeitbeschäftigte Frauen knapp 13 Prozent pro Stunde weniger als Männer. Ein Teil der Gehaltslücke lässt sich damit erklären, dass sie häufiger Berufe mit geringerer Qualifikation ausüben oder in Branchen arbeiten, die tendenziell weniger bezahlen. Rechnet man diese Effekte heraus, bleibt aber immer noch eine Differenz – auch in Deutschland: Hierzulande beträgt sie etwa sechs Prozent.

Als wichtigen Schritt zu mehr Lohngerechtigkeit empfiehlt die OECD Transparenz. Ein entsprechendes Gesetz ist in Deutschland seit 2018 in Kraft. Beschäftigte in Betrieben mit mehr als 200 Mitarbeitern haben seitdem das Recht zu erfahren, wieviel Mitarbeiter des anderen Geschlechts in vergleichbarer Position und mit ähnlicher Tätigkeit durchschnittlich verdienen. 

Die Gehaltsschere würde sich auch weiter schließen, wenn Frauen stärker in Führungspositionen beschäftigt wären. In Spitzenämtern sind sie aber bislang unterrepräsentiert. Hierzulande sind nur 29 Prozent der Führungspositionen mit Frauen besetzt. Nach Ansicht der OECD sollten Unternehmen beispielsweise verpflichtet werden, sich freiwillige Zielgrößen für die Besetzung von Management-Positionen mit Frauen zu geben und diese veröffentlichen. In Deutschland ist das bereits der Fall, erste Erfahrungen zeigen jedoch, dass die Zielgrößen oft noch sehr niedrig sind.

4. Geschlechterklischees bei Berufswahl abbauen

Ein Junge wird Autoschlosser, ein Mädchen Krankenschwester – so klischeehaft das Beispiel, so nah ist es doch an der Realität. Bis heute lassen sich in der Berufswahl geschlechtsbezogene Unterschiede feststellen – und diese sind mitverantwortlich für die nach wie vor bestehende Gehaltslücke. So wählen Frauen häufiger Berufe im Bildungswesen, im Sozial- oder Gesundheitsbereich sowie im Handel. Diese sind eher schlechter bezahlt. Männer sind dagegen in den technischen Berufen überrepräsentiert, die höhere Verdienstchancen bieten. So sind im Schnitt aller OECD-Länder beispielsweise nur rund ein Fünftel der Studienanfänger in den Fächern Informatik oder Ingenieurwissenschaften Frauen.

Dies zu ändern, ist vor allem Aufgabe der Schulen. Schließlich legen junge Menschen schon dort den Grundstein für ihre berufliche Karriere, sei es, weil sie bestimmte Fächer aus- oder abwählen, sich für oder gegen ein Abitur entscheiden oder sich mit ihren Noten für bestimmte Berufe empfehlen – oder eben nicht. Daher sollten laut OECD Lehrer den Schülerinnen helfen, ihre Berührungsängste gegenüber Fächern wie Mathematik oder Physik abzubauen, ihnen mehr Selbstvertrauen vermitteln und sie auch gezielt unterstützen. Initiativen wie der „Girls' Day“ gehen in diese Richtung. Gefordert sind natürlich auch die Eltern, das Interesse ihrer Töchter an Zahlen und Technik zu wecken und ihnen Karrierechancen abseits klassischer „Frauenberufe“ aufzeigen.

5. Finanzbildung und Altersvorsorge fördern

Wer im Alter ausreichend abgesichert sein will, braucht heutzutage gute Finanzkenntnisse. Schließlich basiert die Alterssicherung auch auf der privaten Vorsorge. Dafür müssen sich Sparer mit den Chancen und Risiken des Kapitalmarkts auseinandersetzen, die Funktionsweise von Anlageprodukten verstehen und wissen, wieviel sie für ihren Ruhestand beiseitelegen sollten.

Frauen tun sich mit diesen Fragen schwerer als Männer. Darauf deuten mehrere Studien hin. Demnach zeigen sie weniger Interesse am Finanzmarkt und offenbaren größere Wissenslücken. Sie sind zögerlicher und vorsichtiger und haben weniger Zutrauen in ihre Entscheidungen. Die Folge: Viele schieben ihre Altersvorsorge auf oder lassen es gleich ganz bleiben – und kommen auch deshalb auf ein geringeres Vermögen als Männer.

Deshalb empfiehlt auch die OECD, die finanzielle Bildung von Frauen zu verbessern. Denn Wissenslücken wirken sich nicht nur negativ auf die private Altersvorsorge aus, sie beeinträchtigen auch die Karrierechancen – wenn es etwa darum geht, ein eigenes Unternehmen zu gründen. Im Idealfall richten sich die Bildungsangebote jedoch an beide Geschlechter, denn auch bei den Jungen lässt sich noch vieles verbessern. Finanzielle Anreize – wie in Deutschland mit der Riester-Rente – können die Verbraucher zusätzlich motivieren, für das Alter vorzusorgen.

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