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Rente & Vorsorge

Staatliche Zulagen sind immer weniger wert – Neustart in der Altersvorsorge nötig

Der Staat fördert die private Altersvorsorge mit Zulagen. Nur: Ihr Wert ist seit 2002 erheblich gesunken, was vor allem Geringverdiener trifft. Die Versicherer fordern daher eine rasche Reform – mit dynamisch steigenden statt starrer Zulagen.

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© pexels


Zwanzig Jahre nach Einführung der Riester-Rente hat die staatliche Förderung viel von ihrer einstigen Anreizwirkung eingebüßt. Das zeigen aktuelle Berechnungsbeispiele des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV). „Die Entwertung trifft vor allem Menschen aus unteren Einkommensgruppen, die ausschließlich von Zulagen profitieren und nicht von Steuervorteilen“, sagt GDV-Geschäftsführer Peter Schwark.

So muss ein alleinstehender Mann, der den Mindestlohn verdient, im nächsten Jahr 3,22 Euro einzahlen, um einen Euro vom Staat dazuzubekommen. 2002 waren es nur 2,66 Euro. Noch stärker ist der Effekt bei einer alleinstehenden Mutter mit einem Jahreseinkommen von 25.000 Euro und zwei Kindern (geboren vor 2008): Während sie 2002 lediglich 44 Cent für einen Förder-Euro selbst aufbringen musste, sind es im kommenden Jahr 81 Cent. Je nach Einkommens- und Familiensituation sind sogar noch höhere Einbußen möglich.

Neustart in der privaten Altersvorsorge nötig

Angesichts des Wertverlust der Zulagen fordert Schwark von der neuen Bundesregierung eine rasche Reform der private Altersvorsorge, um sie insbesondere für Geringverdiener wieder attraktiver zu machen: „Wir brauchen einen kompletten Neustart.“ So sollte der Kreis der Förderberechtigten ausgeweitet und die Beitragsgarantie gelockert werden, um höhere Renditen zu ermöglichen. Die bislang starren Zulagen sollten nach Ansicht des GDV-Experten durch ein einfaches, dynamisches Fördersystem ersetzt werden. „Denkbar wäre zum Beispiel, dass der Staat zu jedem eingezahlten Euro 50 Cent dazugibt“, sagt Schwark.

So ließe sich der schleichende Wertverlust der Zulagen vermeiden, der auch als „kalte Progression“ bezeichnet wird. Wer die volle staatliche Unterstützung bekommen möchte, muss bislang inklusive der Zulagen vier Prozent seines Vorjahreseinkommens in den Vertrag einzahlen. Während jedoch die Löhne heute wesentlich höher sind als 2002, wurde die Grundzulage lediglich einmal – nämlich 2018 – angehoben: von 154 Euro auf 175 Euro. Die Folge: Sparende müssen nunmehr einen höheren Eigenbeitrag leisten, um die volle Förderung in Anspruch nehmen zu können.

Riester-Eigenbeitrag stärker gestiegen als Preise insgesamt

Die individuellen Ausgaben für die private Altersvorsorge sind deshalb für viele Kunden stärker gestiegen als die allgemeine Teuerungsrate: Der alleinstehende Mindestlohnempfänger aus obigem Beispiel musste 2002 einen Eigenbetrag von 409 Euro leisten, im kommenden Jahr werden es 564 Euro sein. Das sind 37,8 Prozent mehr, verglichen mit einem Anstieg der Preise um 31,2 Prozent. Für die alleinerziehende Mutter sind es mit 442 Euro sogar 93 Prozent mehr als 2002.

Den Beispielrechnungen liegt ein Jahreseinkommen von 18.730 Euro zugrunde, das ein Mindestlohnempfänger 2022 verdienen würde. Da es zur Einführung von Riester noch keinen gesetzlichen Mindestlohn gab, wurde dieser Betrag mit der durchschnittlichen jährlichen Inflationsrate abgezinst: 2002 entsprachen rund 14.300 Euro derselben Kaufkraft. Am Beispiel der alleinerziehenden Mutter waren 25.000 Euro 2002 gut 19.000 Euro wert. Ferner wurde die stufenweise Riester-Einführung ignoriert und unterstellt, dass die Förderregeln bereits zum Start den seit 2008 gültigen entsprechen.

Text: Karsten Röbisch

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