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Mobilität

Retter der Nebenbahnen – mit künstlicher Intelligenz

Nebenbahnen im ländlichen Raum haben oft kein gutes Image und die Konkurrenz zur Straße ist groß. Einfach einen Bus auf Gleise setzen wie in den 1950er Jahren ist heute zu kurz gedacht, der Schienenbus 2.0 wird autonom und flexibel.

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© unsplash / Kévin Jiner

Schienenbusse 2.0 sollen historischen Nebenbahnen neues Leben einhauchen.

Fahrerlose Züge sind keine Zukunftsvision. Bereits seit 1983 sind autonome U-Bahnen in der nordfranzösischen Großstadt Lille unterwegs. Auch in Deutschland rollen die Nürnberger U-Bahnlinien U2 und U3 ohne Fahrpersonal – dafür ausgerüstet mit zahlreichen Rechnern sowie Kamera- und Radarsystemen. Autonomen Zugbetrieb auf konventionellen Nebenbahnen gibt es bislang allerdings nicht – das soll sich aber bald ändern. 

Mehrere Projekte in der Entwicklung 

Deutschlandweit entwickeln Fachleute innovative Fahrzeuge für ländliche Nebenbahnen. Warum sie an den alten Schienensträngen festhalten? Ein Gleis braucht weniger Platz als eine Straße, das Rad-Schiene-Prinzip verbraucht wegen des geringeren Reibungswiderstandes weniger Energie als Gummiräder auf Asphalt und auf Schienen zu rollen raubt weniger Nerven als sich durch den Verkehr zu manövrieren.  

Ein fortgeschrittenes Projekt heißt ‚Monocab‘ und ist eine selbstfahrende Kabine. Sie wurde kürzlich auf der Hannover Messe präsentiert. Vorausgegangen waren einige Testfahrten auf der historischen eingleisigen Strecke zwischen Lemgo und Extertal in Nordrhein-Westfalen, der sogenannten Extertalbahn. ‚Monocab‘ balanciert autonom auf einer Schiene, kippt aber dank ausgeklügelter Technik nicht zur Seite. Auf einem Gleis können so mehrere Kabinen in beide Richtungen gleichzeitig fahren. Der eigene Anspruch: so gut wie das eigene Auto zu sein. 

Auch das ‚Aachener Rail Shuttle‘ ist als Alternative zum Auto im ländlichen Raum bestimmt. Im Gegensatz zu ‚Monocab‘ benötigt es wie ein konventioneller Zug das gesamte Gleis. Die moderne Version des legendären Schienenbusses soll batterieelektrisch angetrieben werden, Platz für 90 Fahrgäste bieten und bis zu 100 km/h schnell fahren können. Einen Lokführer braucht der autonome Zug nicht, das Fahren übernimmt künstliche Intelligenz (KI). Ein Prototyp soll Mitte 2024 zur Verfügung stehen. 

Fahrzeugbetreiber haften für die Schäden der Fahrgäste 

Wann die ersten autonomen Schienenfahrzeuge Fahrgäste auf Nebenstrecken befördern, ist aktuell nicht absehbar. Noch ist die Technik nicht völlig ausgereift, die Steuerung durch die KI muss jedoch fehlerfrei funktionieren und Menschen, Gegenstände oder Fahrzeuge im Gleisbereich jederzeit erkennen können. Kommt es dennoch zu einem Unfall, haben Fahrgäste einen Schadenersatzanspruch gegenüber dem Fahrzeugbetreiber. Dabei macht es keinen Unterschied, wer den Zug gesteuert oder den Unfall verursacht hat. Fest steht: Wenn auf der Extertalbahn und anderen historischen Nebenbahnen autonome Schienenbusse 2.0 unterwegs sind, können die innovativen Fahrzeuge bedenkenlos ausprobiert werden.