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Private Altersvorsorge

„Wir Frauen müssen an uns selbst denken“

Auf Social Media sensibilisiert Finanz-Influencerin Freya Früh Frauen für das Thema Altersvorsorge. Ihre wichtigste Botschaft: Packt es selbst an und macht euch unabhängig von eurem Partner, wie sie im Interview betont.

Karsten Röbisch (© Christian Kruppa / GDV)
Karsten Röbisch
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© Freya Früh

Freya Früh ist Finanz-Influencerin. Sie ist auf Social Media aktiv und betreut die Webseite FrauFinanzen.

Frau Früh, Sie sind mit ihrem Social-Media-Auftritt FrauFinanzen für den diesjährigen Bloggerpreis nominiert worden in der Kategorie „Finanzielle Bildung“. War es ihr Ziel, die finanzielle Allgemeinbildung zu fördern.
Freya Früh: Ja, das ist mein primäres Ziel. Ich bin gelernte Sparkassenkauffrau. Und auch wenn ich schon lange nicht mehr im Vertrieb tätig bin, so war ich in meinem Freundkreis gefühlt immer Ansprechpartnerin für das Thema Finanzen. Seit fast fünf Jahren arbeite ich beim HDI und kümmere mich um die Social-Media-Aktivitäten. Das Thema Altersvorsorge ist hier zwar sehr präsent: Als HDI haben wir aber kaum Endkunden-Kommunikation. Da hat mir etwas gefehlt. Und so kam ich auf die Idee, FrauFinanzen zur Verfügung zu stellen.

Und warum eine Aufklärungs-Kampagne nur für Frauen?
Früh: Weil wir Frauen besonders von der Vorsorgelücke betroffen sind. Ich bin selbst Mutter von Zwillingen, die meisten meiner Freundinnen arbeiten in Teilzeit. Und ich habe einige, die nur noch in ihrer Beziehung sind, weil sie allein nicht über die Runden kommen. Das hat mich dazu bewegt, das Projekt zu machen. Wir Frauen müssen an uns selbst denken, uns selbst um unsere Finanzen kümmern und uns unabhängig von unserem Partner aufstellen. Das möchte ich vermitteln.

Es fällt auf, dass Sie sind in ihrem Blog viele Frauen zu Wort kommen lassen, die von Altersarmut betroffen sind.
Früh: Ich wollte es anders machen als andere Finanz-Influencer. Mich bewegen die Geschichten der Menschen. Damit schafft man aus meiner Sicht auch bei anderen Menschen ein größeres Bewusstsein, als wenn ich sage: „Du musst mehr sparen!“ Wenn die Rentnerinnen und Mütter erzählen, in welcher Situation sie sind und wie sie dahin gekommen sind, dann ist das etwas, was interessiert. Und so habe ich den Content auf dem Kanal ausgerichtet.

Was hat die Frauen in ihre Situation gebracht?
Früh:
Das Grundproblem der heutigen Rentnerinnen ist, dass sie in Strukturen groß geworden sind, in denen sie nicht frei entscheiden durften, was sie lernen oder welchen Beruf sie ausüben können. Ja zum Teil noch nicht einmal, ob sie arbeiten dürfen. Viele dieser Frauen sind in der klassischen Hausfrauenrolle verhaftet gewesen. Und es ist dann sehr bewegend, wenn sie heute sagen: „Ihr müsst Vorsorge betreiben.“ Wenn sie es damals gedurft, gewusst oder gekonnt hätten, hätten sie es getan. 

Wie erleben Sie die jüngeren Frauen? Sind sie aufgeklärter und finanziell eigenständiger?
Früh:
Das sind sie. Aber Frauen neigen immer auch etwas mehr zum Aufschieben. Männer packen das Thema entschiedener an. Frauen denken häufig, das Thema Rente ist noch so weit weg. Oder sie wissen zwar, dass sie etwas machen müssen, trauen sich aber nicht. Da spielt viel die Angst eine Rolle, etwas falsch zu machen. Oder auch davor, falsch beraten zu werden, weil sie vielleicht schon einmal negative Erfahrungen gemacht haben. Vertrauen ist Frauen sehr wichtig.

Frauen wollen von Frauen beraten werden.
Freya Früh, Finanz-Influencerin, FrauFinanzen.de

Was heißt das für die Beratung und Kommunikation?
Früh: Das ist ziemlich einfach: Frauen wollen von Frauen beraten werden. Sie genießen einen Vertrauensbonus. Und das erklärt aus meiner Sicht auch den Erfolg von FrauFinanzen. Ich will nichts verkaufen, sondern aufklären und motivieren, sich zu kümmern, ohne Verkaufsdruck dahinter.

Bemerken Sie auch Unterschiede im Anlageverhalten zwischen den Geschlechtern?
Früh:
Frauen sind häufig die besseren Anleger. Männer spekulieren mehr, da wird oft Geld hin und her geschoben. Frauen agieren langfristiger und routinierter. Und bevor sie sich entscheiden, informieren sie sich besser. Ich erlebe es auch in meinem Bekanntenkreis selten, dass Frauen in etwas investiert sind, wo sie nicht genau wissen, was dahinter steht.

Was kann die Politik tun, um die Vorsorgelücke von Frauen zu verringern?
Früh:
Aus meiner Sicht sollte Care-Arbeit besser honoriert werden. Das betrifft nicht nur die Betreuung der Kinder, sondern auch der Eltern oder Schwiegereltern. Dann sind es zu 80 Prozent wieder die Frauen, die sich kümmern und beruflich kürzertreten. Derzeit werden sie dafür nicht ausreichend entschädigt.

Der faire Ausgleich finanzieller Nachteile aufgrund von Familienarbeit sollte auch Sache einer Partnerschaft sein: Worauf sollten Frauen achten, egal ob verheiratet oder unverheiratet?
Früh: Ich empfehle Frauen, sich schon mit der Heirat oder Kinderplanung mit dem Partner hinzusetzen und das Thema zu besprechen. Wenn Frauen die Care-Arbeit übernehmen, deswegen nicht voll arbeiten und am Ende weniger Rentenansprüche haben, dann sollten sie sich diesen ökonomischen Nachteil von ihrem Partner ausgleichen lassen. So halte ich es auch mit meinem Mann: Ich habe den Verdienstausfall für meine Care-Arbeit errechnet und über diese Summe eine private Rentenversicherung abgeschlossen. So kann es funktionieren. 

Und machen das die Frauen?
Früh: Die meisten nicht. Das liegt auch an einem Denkfehler. Viele blicken auf ihren Rentenbescheid und sagen sich: Das ist ja gar nicht so weit weg von dem, was ich heute verdiene. Das große Erwachen kommt, wenn Sie 30 Jahre weiterdenken und die Inflation mit einrechnen. Das beachten viele nicht. Was es bedeutet, nicht privat vorzusorgen – diesen Weitblick haben weder Männer noch Frauen.

Halten Sie es eigentlich für richtig, Frauen immer wieder auf ihre Vorsorgelücke aufmerksam zu machen, so wie wir es auch mit diesem Interview tun? Oder kommt es vielleicht etwas neunmalklug und anmaßend an angesichts der bestehenden systemischen Nachteile? 
Früh: Ich denke, man kann das Thema gar nicht oft genug betonen: Von gleichem Lohn für gleiche Arbeit sind wir einfach weit entfernt. Und es sind die Frauen, die die Kinder bekommen. Und nur die wenigsten gehen direkt danach wieder voll arbeiten. Frauen sind deshalb ökonomisch benachteiligt. Den Fokus darauf zu legen, halte ich für absolut notwendig. 

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