Lebensbilanz

06.03.2017

Deut­sche Senio­ren sind mit ihrer Lage zufrie­den

Die über 65-Jährigen bewerten ihr Leben mehrheitlich positiv, wie eine aktuelle Studie zeigt. Sie sind sogar glücklicher als die mittlere Generation.

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Zeit zum Genießen: Die meisten Älteren sind mit ihrer Situation zufrieden – wie auch mit ihrem Leben insgesamt.

Wenn die Menschen im Herbst ihres Lebens angekommen sind, darf man sie durchaus nach ihrem Fazit fragen. Danach, wie zufrieden sie mit ihrem Leben sind und wie sie ihre persönliche Situation bewerten. Michael Sommer hat genau das getan. Es ist also sehr glaubhaft, wenn er sagt: „Die Lebensbilanz der älteren Generation fällt positiv aus, vor allem mit Blick auf die eigene wirtschaftliche Lage, Gesundheit, Familie und Freunde.“

Sommer arbeitet im Institut für Demoskopie Allensbach und hat gerade im Auftrag des Versicherungskonzerns Generali die Altersstudie 2017 erstellt. Es ist die zweite nach 2013, erneut wurden mehr als 4000 Personen im Alter von 65 bis 85 Jahren zu ihrer Situation und ihren Einstellungen befragt. Ergebnis: Sieben von zehn Studienteilnehmern sind mit ihrem Leben zufrieden, 15 Prozent sogar sehr.  Daraus ergibt sich eine Note von 7,2 auf einer Skala von 1 (überhaupt nicht zufrieden) bis 10 (völlig zufrieden). „Das ist viel“, betont Sommer. Senioren seien glücklicher als die mittlere Generation – und kämen mit diesem Wert sogar an die Jugend heran.

Fit, aktiv und gesellschaftlich engagiert

Ohnehin vermitteln die Umfrageergebnisse den Eindruck, als steckten die Menschen nicht im Herbst ihres Lebens, sondern durchlebten gerade ihren zweiten Frühling. Die Altersstudie zeichnet das Bild einer aktiven, neugierigen und tatendurstigen Generation. So engagieren sich beispielsweise noch vier von zehn Senioren ehrenamtlich. Sie sind also nicht nur eine Gruppe, die Hilfe braucht, sondern eine, die auch in starkem Maße anderen hilft – und somit eine wichtige Stütze der Gesellschaft. „Die Älteren wollen partizipieren und den gesellschaftlichen Raum mitgestalten“, sagt Andreas Kruse, Direktor des Instituts für Gerontologie der Universität Heidelberg.

Ihr starkes Engagement geht einher mit einer guten Fitness. Ihre Gesundheit, die zugleich einen großen Einfluss auf die Lebenszufriedenheit hat, bewertet die Mehrheit der Generation 65 Plus positiv. Fast die Hälfte (44 Prozent) der Senioren treibt noch Sport – vor zehn Jahren war es weniger als ein Drittel. Und im Schnitt erachten sich die Menschen sieben bis sieben bis acht Jahre jünger als sie tatsächlich sind. „Die heutige ältere Generation fühlt sich vitaler und fitter als frühere Generationen“, betont Sommer.

Immer mehr Menschen arbeiten trotz Ruhestands

Auch mit der Arbeit wollen immer weniger Ruheständler sofort abschließen. Der Anteil derer, die noch als Rentner einer Beschäftigung nachgehen, ist seit 2013 von 11 auf 15 Prozent gestiegen. Von den 65- bis 69-Jährigen ist sogar noch ein Viertel beruflich tätig – im Schnitt rund 14 Stunden in der Woche. „Für die Unternehmen sind sie ein Juwel“, sagt Kruse und verweist auf das Wissen und die Kompetenz der Älteren. Das Geld spielt für die meisten von ihnen dabei nur eine untergeordnete Rolle. Wichtiger sind der Spaß an der Arbeit, geistige und körperliche Fitness sowie der Kontakt zu anderen Menschen.

Das Geld haben viele Senioren auch nicht nötig: Materiell geht es der Generation 65 Plus überaus gut, wie die Altersstudie ebenfalls zeigt. Ihr Haushaltsnettoeinkommen liegt bei 2410 Euro im Monat – zehn Prozent mehr bei der Altersstudie 2013. Zur Rente kommen bei vielen noch Kapitalerträge oder Mieteinnahmen hinzu. Nach Abzug der laufenden Ausgaben wie Miete, Essen und Kleidung stehen dem durchschnittlichen Rentnerhaushalt 628 Euro frei zur Verfügung – etwa 20 Prozent mehr als 2013. Und mehr als so manche junge Familie nach Abzug aller Fixkosten noch in der Tasche hat.

Soziale Lage beeinflusst Lebenszufriedenheit

Die Älteren sind jedoch keine homogene Gruppe, ihre Lage unterscheidet sich im Detail deutlich. „Unsere Ergebnisse zeigen durchgängig, dass es erhebliche Unterschiede zwischen den sozialen Schichten gibt“, betont Sommer. Menschen mit niedrigem sozioökonomischen Status – das heißt geringerer Bildung, niedriger beruflichen Stellung und Einkommen – haben im Alter erheblich weniger Geld frei zur Verfügung: 351 Euro statt 1027 Euro, wie die Senioren aus der obersten Schicht. Und sie sind zugleich weniger ehrenamtlich engagiert und klagen mehr über ihre Gesundheit. Daraus folgt auch eine geringere Zufriedenheit mit ihrem Leben.

„Alter ist primär ein soziales Schicksal, und kein biologisches“, sagt Wissenschaftler Kruse. Menschen mit niedrigem sozioökonomischem Status fehle es auch am Zutrauen, durch ihr eigenes Verhalten ihre Lage zu verbessern. „Statusfatalismus“ nennt es der Gerontologe. Gleichwohl sind die Differenzen in der Lebenszufriedenheit zwischen den Schichten nicht so groß, wie es die materiellen Unterschiede vermuten ließen. Allensbach-Projektleiter Sommer erklärt das damit, dass jeder sein eigenes Anspruchsdenken entwickelt. Anders ausgedrückt: Ein bescheidenes Leben muss nicht bedeuten, dass die Menschen unzufriedener sind. Oder: Geld allein macht nicht glücklich.