Als langfristige Kapitalanleger können Versicherer wichtige Impulse für Klimaschutzinvestitionen setzen. Diese müssen aber auch ökonomisch nachhaltig sein.
Versicherer sind als große institutionelle Investoren ideale Partner für die Energiewende
© GDV / Malte Knaack
Der Kampf gegen den Klimawandel ist die Herausforderung des Jahrhunderts. Aus Europa sollen bis 2050 keine neuen Treibhausgase mehr in die Atmosphäre gelangen. Der „Green Deal“ der EU-Kommission ist gleichzeitig eine Wachstumsstrategie. Gut so, denn Klimaschutz und wirtschaftliche Prosperität sind keine Antipoden. Neben der notwendigen Stringenz bei Klimaschutzvorgaben ist aber das richtige Maß an Flexibilität, Marktorientierung und Innovationsförderung erforderlich, denn ohne wachsende Wirtschaft wird Europa keine Vorreiterrolle zukommen können.
Mit Kapitalanlagen von rund 1,4 Billionen Euro gehören Erstversicherungsunternehmen zu den größten institutionellen Investoren Deutschlands. Versicherer sind deshalb ideale Partner für die Energiewende – auch im eigenen ökonomischen Interesse: Denn bei einer Erderwärmung um durchschnittlich vier Grad wären viele Risiken nicht mehr sinnvoll versicherbar. Auf der anderen Seite gilt es Verlustrisiken aus dem Klimawandel für das eigene Anlageportfolio zu begrenzen. Als langfristiger Kapitalanleger kann die Branche zudem wichtige Impulse für Klimaschutzinvestitionen setzen. Investitionen müssen aber auch ökonomisch nachhaltig sein: Die Sicherheit der Beiträge der Kunden steht an erster Stelle. Alle Klimamodelle zeigen, dass wir uns auf extremere Wetterlagen einstellen müssen. Ob hiermit mehr Schäden einhergehen, hängt von der richtigen Anpassung an die Klimafolgen ab.
7 Thesen zur Nachhaltigkeit
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These 1: Nachhaltigkeit muss im internationalen Wettbewerb bestehen können
Ohne regulatorische Vorgaben kann ein Green Deal nicht gelingen. Gesetzliche Regeln dürfen die Marktkräfte aber nicht abschneiden und die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen nicht schwächen: Ohne eine nachhaltig wachsende Wirtschaft wird Europa keine Vorreiterrolle in der Bekämpfung des Klimawandels spielen.
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These 2: Versicherer sind ideale Partner für klimaschützende Infrastrukturprojekte
Schätzungen der EU zufolge sind jährlich Investitionen in Höhe von 180 bis 290 Mrd. Euro erforderlich, um die Pariser Klimaziele zu erreichen. Versicherer können Kapital für den Aufbau einer nachhaltigen Infrastruktur zur Verfügung stellen. Sie sind schon heute einer der größten Förderer der Energiewende – aktuell haben sie knapp 6 Mrd. Euro Kapital für entsprechende Projekte aufgebracht. Die Branche will ihr Engagement weiter ausbauen und ist idealer Partner für die Energiewende: Deutsche Erstversicherer haben 2018 ihre Infrastrukturinvestitionen um fast ein Drittel auf 32 Mrd. Euro aufgestockt. Public-Private-Partnerships passen mit ihren langen Laufzeiten gut zum Geschäftsmodell der Branche. Ein Hindernis: die geringe Zahl an passenden Projekten – vor allem in Deutschland.
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These 3: Nachhaltige Investments brauchen Standards und Spielräume
Die Definition von Nachhaltigkeit ist mitunter sehr ungenau. Vor allem die Einführung eines praktikablen Klassifizierungssystems sowie neuer Standards etwa für Green Bonds würden bei Investoren und Verbrauchern zu mehr Klarheit und Transparenz führen. So nötig ein gemeinsames Verständnis über die Begrifflichkeiten ist, so wichtig sind auch Spielräume bei der Umsetzung. Je nach Größe und individueller Situation des Versicherers können unterschiedliche Nachhaltigkeitsstrategien in der Kapitalanlage sinnvoll sein. Dabei darf die Bekämpfung des Klimawandels nicht über eine politisch forcierte Umlenkung von Kapitalströmen erfolgen. Der richtige Weg ist stattdessen die konsequente Berücksichtigung des Verursacherprinzips durch eine angemessene Bepreisung der Produktion von Kohlendioxid.
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These 4: Rendite und Nachhaltigkeit sind kein Widerspruch
Eine an der Nachhaltigkeit ausgerichtete Anlagestrategie kann gute Renditen erzielen und dabei helfen, Risiken auf der Anlageseite zu reduzieren. Ökologische Aspekte können somit sinnvoll in Investitionsentscheidungen einfließen – immerhin legen deutsche Versicherer im Schnitt täglich 1,3 Mrd. Euro neu an. Allerdings müssen sich diese Entscheidungen immer den übergeordneten gesetzlichen Regelungen des Versicherungsaufsichtsgesetzes und den Regeln nach Solvency II unterordnen.
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These 5: Die Sicherheit der Beiträge unserer Kunden steht an erster Stelle
Versicherer stellen sich der ökologischen Herausforderung – das Primat muss aber die Sicherheit der Beiträge der Kunden sein: Nachhaltige Kapitalanlage ist mehr als ökologisch korrekt. Sichere und rentable Anlagen sind für Versicherer ein Muss, damit sie langfristige Verpflichtungen gegenüber ihren Kunden erfüllen können. Dieses Ziel gilt auch dann, wenn es darum geht, ökologische Kriterien stärker zu berücksichtigen.
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These 6: Bauvorschriften heute anpassen verhindert Schäden in der Zukunft
Jene Klimaveränderungen, die wir heute beobachten, sind nicht das Ergebnis aktueller Emissionen: Sie sind ein Erbe der Vergangenheit. Über den Klimaschutz hinaus müssen wir uns daher auch mit dem Schutz vor den Folgen des Klimawandels beschäftigen. Wenn Starkregen und Hagelschlag in zunehmender Weise Hab und Gut bedrohen, muss auch das Bauplanungs- und Bauordnungsrecht angepasst werden – und zwar heute. Je später wir hiermit beginnen, desto größer wird der volkswirtschaftliche Schaden in der Zukunft ausfallen. Sind die Folgen erst eingetreten, ist es zu spät. Der überwiegende Teil der Bebauungspläne wurde zu einer Zeit beschlossen, als viele wissenschaftliche Erkenntnisse zu Extremwetterlagen und Klimawandel noch nicht vorlagen.
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These 7: Ohne Aufklärung kein Bewusstsein für das Risiko
Aufklärung und Prävention sind das A und O, um künftige Schäden in Grenzen zu halten und Elementarrisiken heute wie auch in Zukunft versichern zu können. Versicherer tun alles dafür, Menschen über Gefahren von Extremwetterereignissen und Naturkatastrophen zu informieren. Alle Experten müssen ihre Kräfte anspannen und über Gefahren und Schutzmöglichkeiten aufklären. Wie in anderen Ländern auch, muss der deutsche Staat die vorhandenen Informationen zu Naturgefahren bündeln und der Öffentlichkeit in einem zentralen Online-System zugänglich machen. Versicherer fordern deshalb ein bundesweites Naturgefahrenportal mit begleitenden Informationskampagnen. Die Branche hat mit der Machbarkeitsstudie „Kompass Naturgefahren“ beispielhaft gezeigt, wie dieser Gedanke umgesetzt werden kann. Standortgenau Informationen über Gefährdungen durch Hochwasser, Starkregen, Blitz- und Überspannung sowie Sturm und Hagel sollten in der digitalen Gesellschaft selbstverständlich sein.
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