Sport und Fitness

30.01.2020

Senio­ren sind so aktiv wie noch nie

Bewegung ist gut für die Gesundheit und steigert die Lebensqualität – gerade im Alter. Das erkennen immer mehr Menschen.

© Halfpoint /Fotolia

Jeder zehnte Besucher eines Fitnessstudios in Deutschland ist bereits älter als 60 Jahre.

Für einen Youtube-Star fällt Johanna Quaas ziemlich aus der Reihe. Sie ist weder jung noch hip, fällt weder durch grelle Kommentare auf noch durch absurde Hobbys. Johanna Quaas macht in ihren millionenfach geklickten Videos etwas ganz und gar Gewöhnliches: Sie turnt einfach – mit fast 95 Jahren.

Die Frau aus Halle in Sachsen-Anhalt hat mit ihrer Leidenschaft für Barren und Bodenmatte eine gewisse Berühmtheit erlangt. Sie ist nicht nur älteste Wettkampfturnerin der Welt, sie steht zugleich exemplarisch für die wachsende Gruppe älterer Menschen, die sich mit Sport und Bewegung fit hält. „Die Mehrheit der heutigen Generation weiß, dass sie was tun muss“, sagt Ingo Froböse, Professor an der Deutschen Sporthochschule in Köln. Entsprechend aktiver und gesünder seien die Älteren auch.

Fast jeder Fünfte über 60 trainiert im Verein

Viele Daten stützen diesen Befund. So wächst seit Jahren die Zahl der über 60-Jährigen, die noch in einem Sportverein Mitglied sind. Rund 4,3 Millionen sind es inzwischen – fast jeder Fünfte in dieser Altersgruppe. 2001 waren es erst 13,9 Prozent. Auch das Durchschnittsalter in den deutschen Fitnessstudios steigt stetig an – seit 2001 um sechs auf inzwischen 41,5 Jahre. Mehr als jeder zehnte Besucher ist bereits jenseits der 60. Viele Vereine und Fitnessstudios stellen sich auf die wachsende Zielgruppe ein und bieten spezielle Kurse an.

Gerade Senioren sind aber auch oft außerhalb des organisierten Sports aktiv: Sie wandern, joggen, schwimmen regelmäßig oder machen Gymnastik. Zählt man all die Aktivitäten hinzu, so sind Ältere genauso aktiv wie die Jüngeren, teilweise sogar aktiver. So treiben laut einer Forsa-Umfrage im Auftrag der Initiative „7 Jahre länger“ drei Viertel der 70- bis 74-Jährigen Sport. Bei den 18- bis 34-Jährigen sind es mit 73 Prozent geringfügig weniger. Erst bei den über 75-Jährigen lässt die Bewegung spürbar nach. Dennoch sind noch zwei Drittel von ihnen mindestens einmal pro Woche körperlich aktiv.

Sport hat viele positive gesundheitliche Effekte

Damit tun sie sich selbst einen großen Gefallen. Denn Sport hat viele positive Effekte auf die Gesundheit: Regelmäßiges Training beugt nicht nur Herzkrankheiten vor, es senkt zugleich das Risiko eines Schlaganfalls, fördert den Stoffwechsel, stärkt Muskeln sowie Knochen und verbessert die Durchblutung. Sport ist auch gut für die Psyche: Studien zeigen, dass körperliche Aktivität die Stimmung aufbessert – wichtig gerade für ältere Menschen, da sie häufiger unter depressiven Verstimmungen leiden.

Sport verbessert aber nicht nur die Gesundheit, sondern steigert zugleich die Lebensqualität – gerade im Alter. Denn wer Kraft, Beweglichkeit und Ausdauer trainiert, bleibt agil und schafft so erst die Basis, um lange ein selbstständiges und selbstbestimmtes Leben führen zu können. „Muskeln halten uns mobil. Sie lassen uns Treppen steigen und Taschen tragen“, betont Froböse. Wer dafür nicht mehr die Kraft besitzt, ist auf fremde Hilfe angewiesen und büßt an Freiheit ein. Und er hat es schwerer, noch seine sozialen Kontakte zu pflegen. Denn dafür muss man schließlich meist das Haus verlassen.

Muskeln auch im Alter maximal beanspruchen

Deshalb ist Bewegung bis ins hohe Alter so wichtig. Ohne regelmäßige Beanspruchung verlieren Muskeln laut Froböse pro Jahrzehnt etwa 10 bis 15 Prozent an Kraft. Vor allem die Maximalkraft lässt mit der Zeit nach, was auch Auswirkungen auf das Training hat. „Je älter ich werde, umso mehr muss ich darauf achten, dass ich auch schon mal höhere Lasten bewege und im Training intensivere Einheiten durchführe“, sagt Froböse. Nur wenn der Bereich der Maximalbelastung noch abrufbar sei, ließen sich die Anstrengungen des Alltags bewältigen. „Muskeln dürfen eben nicht in Watte gepackt werden, gerade nicht im Alter“, betont der Sportwissenschaftler. Übertreiben sollten es Sportler – egal in welchem Alter –  jedoch nicht.

Wer seine Kraft, Schnelligkeit und Ausdauer überprüfen will, kann dies beispielsweise regelmäßig mit einer Prüfung für das Deutsche Sportabzeichen tun. Die Anforderungen für die Auszeichnungen – in Gold, Silber oder Bronze – variieren je nach Altersgruppe. Damit ist das Sportabzeichen ein guter Leistungstest gerade für Senioren, von denen viele das Angebot auch nutzen. Knapp ein Fünftel der 2019 vergebenen Sportabzeichen ging an die Altersgruppe Ü60 – immerhin rund 31.500 Menschen.

Zu den Ausgezeichneten gehörte auch regelmäßig Johanna Quaas. Bis zu ihrem Abgang von der Turnbühne 2018 sammelte sie annähernd 20 Sportabzeichen.